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Ноябрь
2024

Kamala Harris bricht nach Trump-Sieg Feier in Washington ab

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Ihren angestrebten Wahlsieg wollte Kamala Harris an einem besonderen Ort feiern. Doch im Laufe des Abends löst sich ihr Traum von der Präsidentschaft in Luft auf. David Schafbuch berichtet aus Washington Nadine Seiler blickt ungläubig in die Ferne. Sie habe keine Angst vor dem, was jetzt in den USA passieren wird. Schließlich wisse sie schon, wie Donald Trump als Präsident sei. "Es ist okay für mich", sagt Seiler. Sie versucht zu lächeln. Ein Banner, das sie den ganzen Abend mit sich herumgetragen hat, hat sie dabei zwischen Arme und Oberkörper geklemmt. "Madam President" steht darauf. In ihren Händen hält sie jetzt ihr Handy, auf das sie wie viele andere Besucher immer wieder blickt. Die Nachrichten, die dort eintreffen, lassen im Laufe des Abends immer deutlicher erkennen, was viele hier im liberalen Washington verhindern wollten: Donald Trump wird erneut Präsident der USA. "Das ist es, was Amerika offenbar will", resümiert Seiler mit einem Achselzucken, ein leichtes Lächeln huscht über ihre Lippen. Doch auf die Frage, was die vier kommenden Jahre für sie bedeuten, wird sie plötzlich ernst: Sie werde die USA verlassen. Seiler stammt ursprünglich aus Trinidad und Tobago. Jetzt wolle sie dorthin zurückkehren. "Sie wollen die Einwanderer loswerden, also wird diese Einwanderin dann gehen. Wir sind dort vielleicht arm, aber wir sind keine Faschisten." Stunden zuvor hatte Seiler noch strahlend mit ihrem Banner vor unzähligen Fotografen und Kameraleuten posiert, die aus aller Welt nach Washington gekommen waren. Gemeinsam mit Tausenden Besuchern wollte die Frau an der traditionsreichen Howard Universität den Sieg von Kamala Harris feiern. Für die Vizepräsidentin ist die Universität seit heute aus zwei Gründen ein besonderer Ort: Harris hatte dort 1986 ihren Abschluss in Politik- und Wirtschaftswissenschaften gemacht. 38 Jahre später wollte sie genau hier ihren größten Triumph feiern: erste Präsidentin der USA geworden zu sein. Doch daraus wird nun nichts. Dass Harris ihren Wahlabend an ihrer alten Universität verbringen wollte, war schon seit einigen Tagen bekannt. Die Einladung an die Besucher kommt dagegen spät: Erst am Wahltag um 17 Uhr Ortszeit wird eine E-Mail verschickt, trotzdem gehen innerhalb kürzester Zeit 1,5 Millionen Rückmeldungen ein. So war es nach erfolgreicher Anmeldung auf den Smartphones zu lesen. Trump hingegen poltert zu diesem Zeitpunkt schon auf seinem eigenen Netzwerk Truth Social über einen möglichen Wahlbetrug im wichtigsten Swing State Pennsylvania . Beweise nennt er dafür nicht. Am Ende des Abends wird er den Staat für sich entschieden haben. Unter den vielen Pressevertretern gehen da schon die Spekulationen los: Wird die Trump-Seite nervös? Weiß das Harris-Lager anhand eigener Erhebungen, dass die Chancen für einen klaren Sieg plötzlich da sind, der dann vor jubelnden Unterstützern gefeiert werden kann? Dafür war eigentlich alles angerichtet: Teile der Universität wurden schon am Morgen mit hohen Zäunen versehen. Die für den Campus zuständige Polizei, ihre Kollegen aus der Hauptstadt und die Sonderkräfte des Secret Service waren mit einem Großaufgebot im Einsatz. Sie bewachten den Campus zu Fuß, in Autos oder auf Fahrrädern. Die Studierenden hatten an diesem Tag nur digitale Veranstaltungen. Nachdem die Einladungen verschickt sind, strömen die Menschen in Scharen auf das Gelände: Es werden US-Flaggen, Wasserflaschen und Snacks an diesem warmen Novembertag verteilt. Auf großen Bildschirmen flimmert die Wahlsondersendung des Nachrichtensenders CNN über die Menge. Während sich die Plätze füllen, bleibt die Stimmung allerdings größtenteils verhalten. Kurz brandet Applaus auf, als die demokratische Politikerin Angela Alsobrooks die Wahl zur Senatorin von Maryland für sich entscheiden kann. Das bleibt allerdings die Ausnahme. Denn Harris gewinnt viele Staaten, allerdings nur die, die ihr ohnehin sicher waren. Der Gewinn von Virginia kommt für die 60-Jährige zwar überraschend. Die Kür – also Gewinne bei den sieben unentschiedenen Swing States – gelingt ihr dagegen nicht: Drei von ihnen kann Donald Trump am Ende des Abends für sich verbuchen, bei den restlichen vier wird er am frühen Morgen überall vorn liegen. Zunächst herrscht aber rund um die Universität noch Optimismus: Am Einlass tönt das Lied "Freedom" von Beyoncé, die inoffizielle Hymne der Harris-Kampagne. Über ein Megafon ruft ein junger Unterstützer immer wieder Harris' Slogan "We are not going back". Gemeint ist damit: Man will nicht mehr zur Politik von Donald Trump zurückkehren. Doch der Verlauf der Wahl beweist dann an diesem Abend, dass die Mehrheit der Menschen in den USA das sehr wohl wollen: Auf dem Platz an der Howard Universität kommt das allerdings erst schleppend an. Das Handynetz ist wegen der vielen Besucher überlastet, die CNN-Übertragung wird stellenweise stumm gestellt und von Musik überspielt. Am Einlass herrscht zu diesem Zeitpunkt noch ein munteres Kommen und Gehen. Viele rechnen erst spät mit einem Auftritt von Kamala Harris, sie verlassen ihre Plätze im Innenbereich, von draußen strömen ständig neue Zuschauer auf den abgesperrten Platz. Ob Harris überhaupt persönlich an der Universität war, wird bis zum Ende des Abends unklar bleiben. Während die "New York Times" in ihren Prognosen Trump bereits klar auf der Siegerstraße sieht, gibt sich Kevin Killeen noch optimistisch: "Die Frauen werden diese Wahl für Harris entscheiden", sagt der Harris-Unterstützer, während aus dem Megafon weiter Parolen tönen, Menschen zur Musik tanzen und Fahnen schwenken. Die Stimmung kippt allerdings, als Trump mit North Carolina den ersten Swing State für sich entscheidet. Aus dem Wechselspiel von kommenden und gehenden Harris-Fans wird mit der Zeit eine Einbahnstraße: Immer mehr Zuschauer verlassen den Campus. Die Musik verstummt, der Junge mit dem Megafon ist plötzlich verschwunden. Am Einlass wird es trotz der noch immer großen Menschenmenge immer stiller. Die Köpfe der Fans von Kamala Harris gehen nach unten. Sie starren auf ihre Smartphones, je größer die Lücken im Publikum werden, desto stärker wird der Handyempfang und die Einsicht: Diese Präsidentschaftswahl ist für Kamala Harris kaum mehr zu gewinnen. Unterbrochen wird die Stille am Einlass durch die Tonspur der Wahlsendung des Senders NBC. Es ist in Washington schon nach Mitternacht, als die Moderatoren verkünden: Donald Trump hat nach North Carolina mit Georgia den zweiten entscheidenden Swing State gewonnen. Aufschreie, Wut oder Tränen sieht und hört man von den Harris-Fans nicht: Es ist eine schweigende Ungläubigkeit, die vielen ins Gesicht geschrieben steht. Wenige Minuten nach dem Sieg Trumps in Georgia richtete sich der Sprecher von Kamala Harris, Cedric Richmond, an die Menge: Die Vizepräsidentin tritt heute nicht mehr auf, die geplante Siegerparty ist damit abgebrochen. Rein rechnerisch ist die Wahl zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelaufen. Aber an einen Sieg glaubt jetzt niemand mehr. So endete es bereits 2016 bei Hillary Clinton : Damals schickte ihr Wahlkampfmanager John Podesta die wartende Menge in New York nach Hause, Trump triumphierte wenig später. Vor acht Jahren galt Trumps Sieg als Sensation, Zuschauer Darius White macht sich heute keine Illusionen, was die nächste Amtszeit von Trump bedeuten wird: "Das werden vier Jahre voller Bullshit", sagt der Mann, während er alleine auf der Tribüne seine USA-Fahne hin und her schwenkt. White erklärt, dass er selbst vor einiger Zeit im Hintergrund des politischen Betriebs tätig war. Er glaubt nicht, dass seine Heimat in den kommenden vier Jahren zerbrechen wird. Allerdings werde der Sieg Trumps den falschen Menschen Auftrieb geben: "Die nächsten vier Jahre werden die Leute, die das Kapitol gestürmt haben, glauben, ihnen gehört das Land."