Schalke 04 in der Dauerkrise: Wohin soll das noch führen?
Der Absturz des FC Schalke: Unruhe und Chaos bestimmen das Geschehen im Verein und auf dem Spielfeld. Dem Trainer droht ein Negativrekord, dem Klub der Abstiegsplatz. Man kann sich kaum noch daran erinnern: Die Saison von Schalke 04 begann euphorisch. Mit einem rauschenden 5:1 gegen Eintracht Braunschweig schossen sich die Königsblauen zum ersten Tabellenführer der neuen Zweitliga-Saison. Es klingt wie eine Nachricht aus einer längst vergangenen Zeit, liegt aber in Wahrheit erst ziemlich genau drei Monate zurück. In diesen zwölf Wochen ist auf Schalke – mal wieder – mehr passiert als bei manch anderem Profiverein in einem ganzen Jahr. Trainer Karel Geraerts gefeuert, Sportdirektor Marc Wilmots auch. Dazu interne Querelen. Kaderplaner Ben Manga, seit Saisonbeginn der neue starke Mann auf Schalke, soll von Anfang an ein kompliziertes Verhältnis zu Geraerts gehabt haben, war nie von ihm überzeugt. Ihre Streitigkeiten über Aufstellungen gerieten an die Öffentlichkeit. Der aussortierte Ersatztorwart und Fan-Liebling Ralf Fährmann wurde nach einem angeblich im Vorfeld nicht mit dem Verein abgestimmten Interview, in dem er obendrein interne Vorgänge preisgab, zum Rapport bestellt. Es folgte eine schriftliche Abmahnung . Stromausfall als Sinnbild für Schalkes Zustand Sportlich ging es nicht minder chaotisch zu. So verloren die "Knappen" Anfang Oktober nach einer 3:0-Führung zu Hause noch sensationell mit 3:5 gegen Darmstadt. Der Stromausfall in der Veltins-Arena bei jener Partie stand sinnbildlich für den Zustand der Königsblauen im Herbst 2024. Es war das Ende von Geraerts. Für zwei Spiele (vier Punkte) saß der beliebte U23-Trainer Jakob Fimpel auf der Bank, ehe Kees van Wonderen übernahm. Besser wurde es nicht. Der Niederländer verlor seine ersten drei Pflichtspiele. Und so musste der ebenfalls nicht unumstrittene Manga bereits dementieren, dass der neue Trainer schon wieder vor dem Aus steht. "Es ist absoluter Bullshit, dass Kees bei einer Pleite fliegt! Egal, was in Ulm passiert – er bleibt! Da könnt ihr mich beim Wort nehmen", polterte er in einer Medienrunde nach dem Pokal-Aus in Augsburg (0:3) vergangenen Dienstag. Weil seit jenem vielversprechenden Auftakt Anfang August gegen Braunschweig bei neun Versuchen nur noch ein weiterer Ligasieg hinzukam, heißt Schalkes bittere Gegenwart Platz 15. Die führt die "Knappen" am heutigen Freitag (18.30 Uhr im t-online-Liveticker ) zum von Manga angesprochenen Kellerduell beim punktgleichen Aufsteiger SSV Ulm (Platz 14). Was nach dessen kerniger Ansage kein Schicksalsspiel für van Wonderen sein soll. Wie lange hält Mangas Jobgarantie? Brisant jedoch: Nach der Partie in Ulm wartet das Heimspiel gegen das abgeschlagene Schlusslicht Regensburg. Sollte es da keine drei Punkte geben, darf man gespannt sein, wie nachhaltig Mangas Jobgarantie für den von ihm verpflichteten Coach wirklich ist. Mitten in den Chaoswochen meldete sich nun auch noch Ex-Trainer Thomas Reis (Ende September 2023 nach nur elf Monaten entlassen) zu Wort. Er kritisierte die Klubführung ob des irrwitzigen Personalverschleißes deutlich: "Es heißt, man will in den nächsten zwei oder drei Jahren etwas aufbauen, und nach wenigen Spielen müssen Trainer und Sportdirektor gehen und du musst wieder von Neuem anfangen. Man muss auch mal dem Druck von außen standhalten." Van Wonderen ist der zwölfte (!) Coach der "Königsblauen" seit 2020. Reis, inzwischen beim türkischen Erstligisten Samsunspor angestellt, sagte weiter: "Ich würde mir wünschen, dass man mal eine gewisse Ruhe reinbekommt. Das ist unheimlich schwer, weil sehr, sehr viele Leute mitreden oder mitreden wollen." Van Wonderen droht ein Negativrekord Von einer "gewissen Ruhe" ist Schalke mindestens so weit entfernt wie von der Bundesliga . Die Lage droht sich in dieser prekären Gemengelage vielmehr weiter zu verschärfen. Verliert van Wonderen auch in Ulm, stellt er mit drei Liga-Pleiten in den ersten drei Partien den Negativrekord von Markus Weinzierl ein. Schlechter startete kein Schalke-Trainer. Schlimmer noch: Das Abrutschen auf einen Abstiegsplatz könnte noch an diesem Wochenende Realität werden. Das Chaos und die frühen Spekulationen will van Wonderen jedoch nicht an sich heranlassen. "Ich weiß, dass das passiert, dass das dazugehört." Aber: "Damit beschäftigte ich mich nicht", sagt der 55-Jährige. Für ihn sei die Unruhe vielmehr ein Zeichen, "dass wir bei einem sehr großen Verein arbeiten". Der jedoch gerade ungebremst in Richtung Abgrund schlittert. Ob der Niederländer die Talfahrt noch stoppen kann, ist gänzlich ungewiss. Wie sagte einst Manager-Legende Rudi Assauer: "Entweder ich schaffe Schalke, oder Schalke schafft mich." Dieses Motto gilt heute mehr denn je. Zurzeit sieht es jedoch so aus, als schaffe Schalke wirklich jeden.