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Сентябрь
2024

Jens Lehmann: Kettensägen-Prozess, Promille-Fahrt – der traurige Werdegang

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Er galt als Profi, der zwar Macken, aber nicht nur Fußball im Sinn hatte. Doch der Weg, den Jens Lehmann nach seiner Karriere einschlug, wurde ein anderer. Nein, schon während seiner über 20 Jahre langen und überaus erfolgreichen Profikarriere war Jens Lehmann kein einfacher Charakter. Das zeigt allein schon der Blick auf seine Kartenstatistik in der Bundesliga . Neben 36 Gelben Karten wurde der ehemalige Schalker, Dortmunder und Stuttgarter gleich fünfmal vom Platz gestellt – Höchstwert für einen Torwart in der langen Ligageschichte. Auffällig wurde er aber auch durch Vergehen, die nicht mit Karten sanktioniert wurden. Etwa als er zu Stuttgarter Zeiten während eines Champions-League-Spiels hinter eine Werbebande urinierte. Oder einem Fan die Brille von der Nase klaute. Als Lehmann seinen Bruder zu Gericht schickte Dass er dem gegnerischen Stürmer beim Torjubel schon mal ein Bein stellte (Giovane Elber lässt grüßen), oder den Schuh eines Gegenspielers auf das Tornetz warf (Sejad Salihović wird sich noch gut erinnern), wurde mit Kopfschütteln oder bestenfalls mit einem Schmunzeln hingenommen. Eines Tages endete die Karriere, doch die Vergehen blieben. Nur eben auf anderem Terrain. Als er im Jahr 2000 wegen Raserei vor Gericht erscheinen musste, schickte er seinen Bruder zur Verhandlung. Später kamen ihm Behörden wegen Steuerhinterziehung auf die Schliche. Er soll zudem fünf Jahre lang doppeltes Kindergeld kassiert haben. Nun die alkoholisierte Autofahrt nach dem Oktoberfest. Dabei galt er gerade im Vergleich zu seinem langjährigen Rivalen im deutschen Tor, Oliver Kahn , lange als der Smartere der beiden. Trotz seiner Aussetzer wurde er als kluger Kopf wahrgenommen. Lehmann studierte parallel zur Karriere Volkswirtschaftslehre, blickte über das bisweilen eintönige Dasein als Fußballprofi hinaus. Glücklose Trainertätigkeiten bei Arsenal und Augsburg Doch dieses Bild wandelte sich im Laufe der Jahre grundlegend. Kahn blieb dem Fußball verbunden. Zunächst als TV-Experte, wo er an der Seite von ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein eine zu Profizeiten praktisch unbekannte humorvolle, gar selbstironische Seite von sich preisgab. Später in der Klubführung des FC Bayern , wenngleich dieses Kapitel in einer vorzeitigen Trennung endete. Doch Kahn blieb beruflich und privat auf dem Pfad der Seriosität. Lehmann versuchte ebenfalls im Klubfußball Fuß zu fassen. Von langer Dauer war jedoch keines seiner Engagements. Als Co-Trainer beim FC Arsenal und beim FC Augsburg oder als Aufsichtsratsmitglied bei Hertha BSC – nichts überdauerte die Frist eines Jahres. Auf der anderen Seite, der des TV-Experten, war Lehmann gefragt. Bei Sky, RTL oder bei der Heim-EM dieses Jahr bei Welt TV – Lehmanns Meinung hatte Gewicht. Doch durch seine Eskapaden und Skandale machte er sich zunehmend untragbar. Wer möchte schon jemanden in seine Fußball-Sendung einladen, der einen ehemaligen Spieler- und späteren Expertenkollegen als "Quotenschwarzen" betitelt? Immerhin bat Lehmann später bei Dennis Aogo um Entschuldigung. Oder mit einer Kettensäge auf das Grundstück seines Nachbarn eindringt und sich an dessen Garage zu schaffen macht? Einsicht im "Kettensägenprozess" Apropos: In dieser Sache zeigte Lehmann nun Einsicht, wenn auch eine späte. Am Freitag, noch mitten im Wirbel um seine Trunkenheitsfahrt, wurde bekannt, dass der 54-Jährige seinen Schuldspruch im "Kettensägenprozess" akzeptiert. Er verständigte sich mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht darauf, seine Verurteilung wegen Sachbeschädigung, Beleidigung von Polizisten und Betrugs anzunehmen. Er muss eine Geldstrafe von 135.000 Euro zahlen. 2010 hat Lehmann ein Buch veröffentlicht. Darin verfasste er einen Wunsch. "Dass alle, mit denen ich zusammengearbeitet habe, eins sagen können: dass ich ein korrekter, zuverlässiger und vor allem ehrlicher Mensch bin." Eine Aussage, an der manch Beobachter zumindest leichte Zweifel entwickelt haben sollte. Das Buch trägt übrigens den Titel: "Der Wahnsinn liegt auf dem Platz". Im Fall von Lehmann aber längst nicht mehr nur dort.