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Сентябрь
2024

Das ÖPNV-Chaos beim Heuchelberg-Cup 2024

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„Die Busfahrt war ein Endspiel, in dem jeder Fehler den Verlust des Tages bedeuten konnte. Leider war mein Eröffnungszug, das Buslein zu ignorieren, ein katastrophales Gambit.“ – ChatGPT

Einführung

In meinem ersten Bericht blicke ich auf einen aufregenden Tag zurück, den Jonathan Rügert und ich am Samstag, den 7.9.. erlebten. Auch wenn der Bericht außergewöhnlich lang ist, bin ich bemüht, mit Humor von den Höhen und Tiefen zu berichten. Gespielt wurde in der Mehrzweckhalle in Niederhofen am Samstag, den 7.9. mit einem Feld von ca. 60 Spielern.

Hinfahrt

Alles begann auf dem recht entspannten Hinweg, als der Bus des Schienenersatzverkehrs an der von meinem Smartphone angezeigten Haltestelle vorbeifuhr, just als die Audiodurchsage für ebenjene Haltestelle angekündigt wurde. Direkt daraufhin wurde die nächste Haltestelle angekündigt und so fuhr der Bus zum Dorf Stetten am Heuchelberg für ca. 15 Minuten weiter. Auf dem Weg dorthin sah ich meine nächste Hoffnung an mir vorbeifahren: Der einzige Bus, der in den nächsten zwei Stunden von Stetten nach Niederhofen fahren sollte. So stieg ich konsterniert aus dem Bus und machte mit einem jungen Mann in meinem Alter Bekanntschaft, der verdächtig intelligent aussah: Es stellte sich heraus, dass Jonathan und ich das gleiche Ziel teilten. Nach Ablehnung des Vorschlags von Google Maps, ca. 90 Minuten eine lange Straße runterzulaufen, wählten wir, in dem gegenüberliegenden Getränkemarkt Passanten nach einem Privattaxi zu fragen. Eine Frau war so empathisch und brachte uns in ca. 10 Minuten zur Mehrzweckhalle, während sie uns davon erzählte, selbst Kinder zu haben. Dort angekommen und schon auf der Fahrt bedankten wir uns mehrfach, da wir sonst viel zu spät vom einen zum anderen Kuhdorf gekommen wären.

Schach

Schließlich ging es mit Schach los. Für mich war es das erste Schachturnier, das ich seit langem spielte. Da es sich um ein Blitzturnier handelte, gab es 17 Runden mit 3+2. Mit einem Onlinerating von ca. 1700 war ich mir meiner Rolle von Anfang an bewusst. In meiner ersten Runde wurde ich gegen einen starken 2200er gepaart, gegen den ich verhältnismäßig lange durchhielt. Danach setzte sich für die erste Hälfte ein Trend durch. Alles mit 1900 und mehr war für mich ein echtes Brett, während ich alles unter 1600, auch trotz einer Figur weniger, doch noch in einen Punkt umwandeln konnte. So ermittelte ich als Punkteziel irgendetwas zwischen 5 und 7 Punkten, was als Startplatz 42 von 58 durchaus realistisch ist. Nach einigen Klatschen von den 1900-er-Brettern habe ich mich mit 4/11 endlich gegen realistische Gegner auf meinem Niveau ans Brett setzen dürfen. So konnte ich in den nächsten 5 Partien 3,5 Punkte fröhlich ergattern, wobei mich das Remis im völlig gewonnenen Endspiel gegen einen deutlich Jüngeren immer noch in Albträumen verfolgt. Vor der letzten Runde war mir klar, dass ich noch eine Chance auf den Ratinggruppenpreis habe, sofern die Konkurrenz mir in die Karten spielt. Und wie der Zufall es will, spielte ich gegen einen direkten Konkurrenten meiner Ratinggruppe. Mit einem Sieg würde einer von uns an dem aktuellen Platz 1 der Ratinggruppe vorbeiziehen und sich über das Preisgeld freuen dürfen, sofern der Platz 1 gegen den 200 höher gewerteten Gegner verlor. Und so begann ich die Partie mit den weißen Steinen mit 1. e4. Nach 1… e5 2. Sf3 Lc4 warf mich mein Gegner bereits in Zug zwei aus der Theorie und ich versuche mit 3. c3 etwas im Zentrum aufbauen zu können. Nach dem unerwarteten 3… d5 hatte ich schon nach einigen weiteren Zügen weniger Zeit auf der Uhr und eine etwas seltsame Stellung. Mit einem gut eingeleiteten Angriff nahm mein Gegner mit der Dame einen Bauern auf h3, da sein Turm es bereits auf die g-Linie schaffte. Erst dann fiel mir auf, dass meine Dame es so mit De8# leicht hatte, die Partie schnell zu beenden. Es war das einzige Mal an diesem Tag, dass in der Partie ein Matt in 1 gepatzt wurde – und das in der letzten Runde.. So übertraf ich mein Ziel mit exakt 8,5/17, was genau 50 % entspricht. Der Führende unserer Ratinggruppe verlor wie erwartet und so hatte ich realistische Chancen auf den Ratingpreis. Bis zur Siegerehrung dauert es bekanntlicherweise etwas, weshalb Jonathan und ich einen kleinen Ausflug in die nah liegende Leonhardstraße machten, um dort ein Foto zu machen. Jonathans Turnierdurchlauf war durchwachsen, zumal er mit Weiß deutlich bessere Ergebnisse erzielte als mit Schwarz. Bei der Siegerehrung stellte sich heraus, dass der Ratingpreis an Leon Seiler ging, der mich um 38,5 Buchholzpunkte übertraf. Herzlichen Glückwunsch an der Stelle. Er gewann ebenfalls die letzte Runde und lustigerweise belegten wir als Ratinggruppe vier konsekutive Plätze: Platz 33-36. Das zeigte, wie knapp es am Schluss war und führte bei mir zu dem Paradoxon, meine eigenen Erwartungen gesmasht zu haben und dennoch mit einer gewissen Enttäuschung den Heimweg mit Jonathan antrat, der auch eine gewisse Enttäuschung mit sich brachte (der Heimweg, nicht Jonathan).

Rückfahrt

So watschelten wir ins nächste Kuhdorf Kleingartach, wo der nächste Bus des Schienenersatzverkehrs uns nach Eppingen bringen sollte. Und dann kam es zu einer Szene, die man nicht besser skripten könnte: Es kommt ein Bus an. Obwohl das Wort “Bus” zu viel gesagt ist, es war eher ein Buslein, welches von einem Privatunternehmen organisiert wurde. Quasi zeitgleich folgt ein echter, stattlicher Bus mit allem, was man sich wünscht (Treppe nach oben, leichte Beugung beim Einsteigen und grimmigem Busfahrer), der eine andere Liniennummer anzeigte, als das Buslein. Nach kurzer Überprüfung mit Smartphone und Blick auf die analoge Tafel war klar, dass der echte, stattliche Bus die richtige Linie anzeigte – und diesem rationalen Schluss folgend stieg ich in den Bus. Der Busfahrer wies mich aber schnell wieder zurück und zeigte auf das Buslein und artikulierte, dass dieses Gefährt uns nach Eppingen bringen wird, da er  selbst gleich fertig sei. Also ging ich wieder zurück und leitete an Jonathan weiter, dass wir doch das Buslein nehmen müssen. Und jetzt kommts – genau in diesem Moment fährt das Buslein gemächlich los. Hinterher rennen hat nichts gebracht und ein Blick auf alle Informationsquellen zeigte an, dass der nächste Bus die üblichen 2 Stunden später fährt. Wieder einmal völlig vom ÖPNV sinnlich übergebeugt worden sahen wir uns gezwungen irgendeinen Weg zu finden, der uns nach Eppingen bringt. Nach einiger Zeit der Beratung mit Jonathan und einem Inder, gegen den ich ärgerlicherweise in einer modernen Partie verlor, teilten wir ihm mit, ‘that we are going to walk the 104 minutes because the shitty ÖPNV let us down TWICE this day’. Und so liefen wir los und sahen sogar einige Heißluftballons auf dem Weg. Nach wenigen Minuten kurz vor dem “Orts”-Ausgang stießen wir auf denselben Busfahrer, der gerade eben in dem echten, stattlichen Bus saß und mit lokalen Anwohnern sprach. Da das Anwinken von Autos Richtung Eppingen nicht funktionierte, haben wir uns darauf geeinigt, diese Menschen zu fragen, wo sie denn hinfahren. Der Busfahrer war übrigens doch recht freundlich. Es stellte sich heraus, dass das Paar im schwarzen Familienauto über Stetten fuhr – das Kuhdorf in dem das erste Desaster endete. Von dort aus fuhr ein Bus nach Eppingen, weshalb das für uns eine lukrative Möglichkeit darstellte, näher ans Ziel zu kommen (den hochheiligen Hauptbahnhof in Ettlingen). Hier sei an die Jüngeren von euch nochmal die Warnung gerichtet: STEIGT NIEMALS IN FREMDE AUTOS!!! Wir als erwachsene Schachspieler mit allgemeinem Weltvertrauen (obwohl dieses durch den ÖPNV gewaltig angerüttelt wurde) haben das Risiko in Kauf genommen und fuhren also los. Dabei war ich im Glauben, dass die Heimfahrt keine größeren unerwarteten Wendungen nimm und so fing ich an mich psychisch zurückzulehnen und zu clashen, während ich mit Jonathan über die Taktiken und Decks in Clash Royale diskutierte. Und dann kam die letzte unerwartete Wendung, die so auch nicht vorgesehen war: Aus dem Nichts kam uns ein Bus mit der Aufschrift EPPINGEN entgegen (ihr wisst schon; da, wo der hochheilige Hauptbahnhof liegt). Da ich noch mit einigen Minuten fahrt gerechnet hatte, war ich noch mitten im einen Spiel in dem ich mit 1-0 führte, nachdem ich eine krasse Prediction traf (vergleichbar, wenn ihr in Bullet online mit Weiß auf 1. e4 b6 2. La6?? spielt – also High Risk, High Reward, weil ihr mit 2… Lb7 als Premove rechnet). Unser Fahrer war so nett und schnitt auf Ansage von sich selbst dem Bus den Weg erfolgreich kurz ab, um Gesprächsbedarf zu signalisieren. Und so stiegen wir hyperspontan aus dem schwarzen Van aus, bedankten uns hastig (denkt dran, immer schön bedanken – in guten wie in schlechten Zeiten) und stiegen in den Bus. Dort  angekommen saßen wir endlich auf dem Weg zum hochheiligen Hauptbahnhof nach Eppingen – yay. Dann fiel mir wieder meine Runde in Clash Royale ein, entsperrte mein Handy und stellte fest, dass der Gegner in den wenigen Sekunden ausglich und so stand es 1-1. Nach dem ich mich von dem durch das hyperspontane Umsteigen entstandenen Nachteil erholt habe, konnte ich das Match sogar noch gewinnen. Und so sind wir entspannt in Eppingen ausgestiegen, konnten ohne große Schwierigkeiten in die Bahn nach Karlsruhe umsteigen und sind noch pünktlich zum Länderspiel der Nations League angekommen.

Reflexion

Auf der Fahrt haben waren wir uns beide über das Phänomen einig, dass wir uns wegen der Schwierigkeiten gefühlt schon sehr lange kennen, obwohl wir nur die Odyssee an diesem Tag gemeinsam bestritten haben. Für mich reichte nach den Turbulenzen der Odyssee meine Energie nur noch für die erste Halbzeit, was mich natürlich am Folgetag ärgerte, da die Deutschen in der zweiten Halbzeit vier der fünf Tore schossen. Und so endet die Geschichte meines ersten Turniers während meiner Zeit als BFD-ler, was auch eines der aufregendsten Turnier war. Nicht nur auf die Spiele und Spannung am Ende bezogen, sondern auch wegen der Reise.