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Reformen: So will NRW ein zweites Solingen verhindern

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Die NRW-Regierung reagiert auf den Anschlag von Solingen mit schärferen Abschieberegeln. Was genau planen CDU und Grüne in Nordrhein-Westfalen?

Knapp drei Wochen nach dem Terroranschlag von Solingen hat sich die schwarz-grüne Regierungskoalition von Nordrhein-Westfalen auf ein umfangreiches Sicherheitspaket geeinigt. Es sieht mehr Polizeibefugnisse und schärfere Abschieberegeln vor. "Wir lassen den Worten Taten folgen", sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) im Landtag. "Wir werden die Befugnisse unserer Sicherheitsbehörden ausweiten." 

Das Reformpaket besteht aus Dutzenden Maßnahmen wie einer Stärkung des Verfassungsschutzes, der stärkeren Überwachung potenzieller Extremisten und einem besseren Datenaustausch der Behörden, aber auch Maßnahmen gegen die irreguläre Migration. 

STERN Interview Kölner OB Henriette Reger zu Solingen u.a. 1300

Wüst sprach von einer doppelten Zäsur, denn nach dem Anschlag von Solingen sei erstmals eine rechtsextreme Partei stärkste Kraft in einem Landtag geworden. Das Landeskabinett hatte das Sicherheitspaket beschlossen. Es sei das umfangreichste Sicherheits- und Migrationspaket in der Geschichte Nordrhein-Westfalens, sagte Wüst. 

NRW sagt Ermittlern mehr Befugnisse zu

Unter anderem sollen die Ermittler mehr Rechte bei der Fahndung nach radikalen Islamisten im Internet bekommen, für die auch Künstliche Intelligenz eingesetzt werden soll. Die Befugnisse des Verfassungsschutzes bei der Telekommunikationsüberwachung sollen gestärkt werden. So soll er auch Zugriff auf verschlüsselte Messengerdienste bekommen. 

Die Maßnahmen im Detail:

  • KI, die auch seltene Sprachen wie tadschikisch versteht, soll als virtueller Ermittler und Polizeistreife im digitalen Raum eingesetzt werden. Demokratiefeindliche Inhalte im Netz sollen zentral verfolgt und Sperrungen von Netzangeboten beschleunigt werden.
  • Gesichtserkennungssoftware – etwa zur Identifikation von Gefährdern – soll genutzt werden.
  • Der Verfassungsschutz soll künftig auch schon die Daten 14-Jähriger speichern dürfen. 
  • Zudem soll der Kampf gegen die islamistische Radikalisierung von Jugendlichen durch eine Reihe von Präventionsmaßnahmen verstärkt werden. 
  • NRW will sich zudem mit Bundesratsinitiativen für eine Reihe von Maßnahmen wie der Vorratsdatenspeicherung einsetzen. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (hinten, SPD) und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) während der Generaldebatte im Bundestag
© Michael Kappeler

So will NRW gegen irreguläre Migration vorgehen

In NRW soll eine zentrale Übersicht der abschiebepflichtigen Personen eingeführt und der Datenaustausch zwischen den Behörden erleichtert werden. Menschen aus sicheren Herkunftsländern sollen bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag unbefristet in Aufnahmeeinrichtungen bleiben. An den Verwaltungsgerichten sollen drei zusätzliche Kammern für Asylverfahren eingerichtet werden. 

NRW plant zudem nun doch ein zweites Abschiebegefängnis. Mit Bundesratsinitiativen sollen zudem Veränderungen des Aufenthaltsrechts erreicht werden. Dazu gehört auch eine Verbesserung des sogenannten Dublin-Systems und die vereinfachte Ausweisung von Straftätern, Terroristen und deren Unterstützern.

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In Solingen hatte am 23. August ein Mann auf einem Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, sitzt in Untersuchungshaft. Er hätte eigentlich schon vergangenes Jahr abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte. Die Terrorgruppe Islamischer Staat hatte den Anschlag für sich reklamiert. 

Die schon im Juni 2023 geplante Abschiebung des tatverdächtigen Syrers nach Bulgarien war gescheitert, weil er in seiner Notunterkunft nicht anzutreffen war. Weitere Versuche der Rückführung hatte es nicht gegeben."

Opposition: Nicht Asylrecht hat versagt, sondern Regierung

SPD-Oppositionsführer Jochen Ott kritisierte ein "Regierungs- und Behördenversagen" bei der gescheiterten Abschiebung des Solingen-Attentäters. "Beim Anschlag von Solingen hat nicht das Asylrecht versagt, sondern ihre Landesregierung", sagte Ott. Angekündigte Maßnahmen, wie die Einführung eines Datenaustauschs, seien ein Eingeständnis, dass die Regierung in Sicherheitsfragen schlecht organisiert sei.

Für die FDP sagte Fraktionschef Henning Höne: "Das Attentat von Solingen hätte mit der bestehenden Rechtslage verhindert werden können." Solingen sei wegen eines Behördenversagens möglich gewesen, das in der Verantwortung der Landesregierung liege.