„Meine Frau schwärmt noch heute vom Knossos“
Ex-Publikumsliebling John Bryant kehrt am Samstag (20 Uhr) mit dem Mitteldeutschen BC zum Pokalknaller in die Gießener Osthalle zurück
Es war ein Abschied, den John Bryant eigentlich nicht verdient, der sich aber angedeutet hatte. Mal fünf Minuten gegen Göttingen, mal acht gegen Frankfurt und Ludwigsburg, mal nur drei gegen Hamburg. Und als Höchststrafe ProB-Center Tim Uhlemann als Starter und der zweimalige MVP auf der Bank, meist zwei, drei Meter abseits des Geschehens: Als „Big John“ im Januar 2022 unter Coach Pete Strobl quasi keine Berücksichtigung mehr fand und er vom damaligen Geschäftsführer Sebastian Schmidt schließlich aussortiert wurde, war es um die GIESSEN 46ers in der Basketball-Bundesliga quasi geschehen.
„Ich hätte mir gewünscht, dass die Verantwortlichen mehr um mich kämpfen und nicht sogar froh sind, dass ich den Club verlasse“, zeigte sich der Hüne aus Kalifornien in einem Magenta-Podcast offen seine Enttäuschung. Schließlich war er fast fünf Spielzeiten lang der Garant dafür, dass der Altmeister im Oberhaus verbleiben konnte.
Inzwischen ist Bryant, der 122 Partien für die Lahnstädter absolvierte und dabei der erste Akteur der Männerturner seit der Datenerfassung war, der ein „Triple-Double“ für seine Truppe aufs Parkett legte, in Sachsen-Anhalt heimisch geworden. Für den SYNTAINICS MBC hat er seinen Vertrag gerade bis 2026 verlängert.
Am Samstag (20 Uhr) kehrt der inzwischen 37-Jährige, dessen Frau Isabelle mit den Söhnen Ayden (7) und Cailen (5) in der Nähe von München lebt, in Runde eins des BBL-Pokals erstmals wieder in die Osthalle zurück.
John, nach fast fünf Jahren in Gießen war dein Abschied im Januar 2022, den du nicht wolltest, sehr umstritten. Bist du noch sauer? Oder freust du dich auf die Rückkehr in die Osthalle?
John Bryant: Jeder weiß, dass ich damals Gießen eigentlich nicht verlassen wollte. Ich hatte mit niemandem Ärger. Ich habe versucht, eine Lösung zu finden, es hat mir aber niemand zugehört, meine Stimme fand kein Gehör. Die Entscheidung war sehr hart, sie war am Ende des Tages aber für meine mentale Gesundheit und meine Karriere die richtige. Inzwischen sind die Leute von damals nicht mehr da. Deshalb freue ich mich riesig, am Samstag viele Menschen von einst wiederzusehen. Es wird sehr emotional für mich, denn wir alle haben uns an der Lahn echt wohlgefühlt. Meine Frau schwärmt noch heute vom Knossos, ihrem absoluten Lieblingslokal.
In diesem Sommer wurde in Gießen immer wieder darüber geredet, dass du zurückkommen würdest. Die Fans hätten sich sehr gefreut. Warum funktionierte der Wechsel nicht?
John Bryant: Es gab Gespräche, ich habe mit mir gerungen. Die Entscheidung war hart. Aber ich wollte meine Karriere unbedingt in der BBL fortsetzen, deshalb war es für meinen Weg das Beste, beim MBC zu bleiben. Gießen hat den Aufstieg leider verpasst.
Du hast deinen Vertrag beim MBC um zwei Jahre verlängert. Was möchtest du mit deinem Club noch erreichen, was ist realistisch?
John Bryant: Grundsätzlich möchte ich bei diesem Club positive Veränderungen herbeiführen. Es wartet viel Arbeit auf uns, der Verein bietet aber auch gute Möglichkeiten. Ich weiß aber auch, dass ich schon 37 bin. Da ist in erster Linie eine mentale Unterstützung für die jungen Spieler sehr gefragt.
Kalifornien, München, Monaco – und nun Weißenfels. Ein Kulturschock?
John Bryant: Ja, definitiv. Aber ein Kulturschock mit Charme …
In Gießen wurde früher viel über deine Kilogramm geredet, inzwischen ist deutlich zu sehen, dass du abgenommen hast. Wie fühlst du dich?
John Bryant: Das Thema begleitet mich meine komplette Karriere. Ich arbeite viel an mir und habe inzwischen total verinnerlicht, dass ich produktiver sein kann, wenn ich leichter bin.
Was wird John Bryant nach seiner Karriere machen? Nach Kalifornien zurückkehren?
John Bryant: Das ist aktuell noch die große Frage, die ich wahrscheinlich erst in zwei, drei Jahren beantworten kann. Ganz ehrlich: Momentan weiß ich es noch nicht. In Deutschland zu bleiben ist ebenso eine Option wie nach Kalifornien zurückzukehren. Grundsätzlich sehe ich mich im Basketball eher im Management denn auf der Trainerbank.
Gib uns bitte abschließend einen Ausblick auf Samstag. Kann Gießen euch gefährlich werden?
John Bryant: Es wird für uns definitiv ein knüppelhartes Spiel. Gießen ist gut aufgestellt und hat einen klasse Trainer. Wir alle freuen uns auf das Match, wir alle sind aber auch aufgeregt. Natürlich hoffe ich auf ein positives Resultat für den MBC. Meine Rückkehr nach Gießen wird sicher etwas ganz Besonderes werden.
09.09.24
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