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Neues Altersvorsorgedepot: Start ab 2026 geplant | Rente

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Das deutsche Rentensystem steht vor einer entscheidenden Neuerung. Die Ampelparteien planen, ab dem 1. Januar 2026 mit dem Altersvorsorgedepot die private Altersvorsorge zu stärken. Der Countdown für das deutsche Rentensystem läuft. Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler weisen schon seit mehreren Jahren auf die Auswirkungen des demografischen Wandels auf das Rentensystem hin. Aber statt die Gefahr zu bannen, wurde das Problem von einer Regierung zur nächsten weitergereicht in der Hoffnung, das Problem löse sich von selbst. Nun scheint jedoch Bewegung in die Debatte zu kommen. Im Koalitionsvertrag der Ampelregierung findet sich ein Hoffnungsschimmer: Die Erkenntnis, dass die staatliche Rente allein nicht mehr ausreichen wird. SPD , Grüne und FDP wollen die private Altersvorsorge mit dem sogenannten Altersvorsorgedepot zusätzlich stärken. Geplanter Start ist bereits der 1. Januar 2026. Im Gespräch mit t-online erklärt Thomas Soltau, Chef des Neobrokers Smartbroker und Mitglied im Digital Finance Forum (DFF) beim Bundesfinanzministerium , wie das Altersvorsorgedepot funktionieren soll. Was ist das Altersvorsorgedepot? Mit dem Altersvorsorgedepot ist ein Depot gemeint, das jeder deutsche Staatsbürger ab 18 Jahren bei einem Depotanbieter seiner Wahl eröffnen kann, erklärt Thomas Soltau. "Dieses spezielle Depot ist jedoch von anderen bereits bestehenden Depots zu unterscheiden, da dieses explizit dazu dient, dass ich für mein Alter vorsorge." Als Anbieter eines solchen Depots kommen Banken, Sparkassen, Neobanken und -broker infrage. Inhaberinnen oder Inhaber eines Altersvorsorgedepots sollen nicht an einen Anbieter gebunden sein – der Wechsel eines eingerichteten Altersvorsorgedepots zu einem anderen Anbieter soll möglich sein. Eine Beschränkung auf ein einziges Altersvorsorgedepot solle es nicht geben, sagt Soltau. Das heißt, jeder darf mehrere Vorsorgedepots eröffnen, solange sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Steuerliche Förderung des Altersvorsorgedepots Das Depot soll so aufgebaut sein, dass es einer ähnlichen Förderlogik wie die Riester-Rente unterliegt: Die in das Depot eingezahlten Beträge können jährlich bis zu einem bestimmten Freibetrag steuerlich geltend gemacht werden. "Der Freibetrag, der jetzt diskutiert wird, liegt bei 2.100 Euro, also das, was bei Riester auch steuerlich absetzbar ist. Das wäre relativ wenig", sagt Soltau. Doch der Finanzexperte ist sich sicher: Der Gesetzentwurf, der in den nächsten vier bis sechs Wochen zu erwarten ist, wird einen höheren Betrag vorsehen, vermutlich zwischen 4.000 und 6.000 Euro. Dabei handle es sich aber nicht um eine Obergrenze für die Einzahlungen – es kann auch mehr Geld ins Depot fließen. Der Mehrbetrag dürfe dann allerdings nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden. Ob es wie in anderen Ländern eine Obergrenze für Einzahlungen geben werde, sei noch unklar. Gewinne, die mit Wertpapieren erzielt werden Sinn eines solchen Altersvorsorgedepots ist es, mit dem Kauf und Verkauf von Wertpapieren wie Aktien, Aktienfonds oder börsengehandelten Indexfonds (ETF) Gewinne zu erzielen, die die spätere Rentenlücke schließen oder zumindest verringern sollen. Ziel ist es, dass jeder auf freiwilliger Basis zusätzlich vorsorgt und Geld auf dem Kapitalmarkt investiert. Um einen finanziellen Anreiz zu schaffen, sollen die Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren im Depot verbleiben, erklärt Soltau. "Sie müssen nicht mit der Kapitalertragsteuer von 25 Prozent abgegolten werden. Die Steuerlast fällt erst am Ende an und schmälert somit nicht kontinuierlich die Erträge. Das Geld kann ohne Steuerabzug wieder vollständig in andere Wertpapiere investiert werden. Dadurch entsteht ein wirklich enormer Zinseszinseffekt!" Auszahlungsregelungen noch unklar Erst bei Eintritt in den Ruhestand müssen die vom Depot ausgezahlten Beträge versteuert werden. Noch sei nicht abschließend geklärt, wie die Auszahlungen erfolgen, ob etwa regelmäßige und flexible Auszahlungen möglich sind oder ob eine einmalige Auszahlung ermöglicht wird, sagt Soltau. Auch die Frage, was mit der Kapitalertragssteuer passiert, wenn das Altersvorsorgedepot nach Renteneintritt weiterhin geführt und Geld eingezahlt wird und damit Gewinne erwirtschaftet werden, sei noch zu klären. Der Auszahlungsbetrag unterliegt voraussichtlich der geltenden Einkommensteuer . Denn Renten sind grundsätzlich steuerpflichtig, und jedes zusätzliche Einkommen, sei es aus einer Betriebsrente oder aus Kapitalerträgen, wird auf die Rente angerechnet und muss entsprechend versteuert werden. Steuernachzahlung bei vorzeitiger Entnahme Grundsätzlich solle es die Möglichkeit geben, in einer Notlage auf das Geld aus dem Altersvorsorgedepot zugreifen zu können, sagt Soltau. Allerdings sei das Altersvorsorgedepot in erster Linie eben für die Altersvorsorge vorgesehen. "Entnimmt man es vorzeitig, etwa um eine Immobilie zu kaufen oder eine Weltreise zu finanzieren, wird man aller Voraussicht nach die anfallende Steuerschuld nachzahlen müssen." Ein Blick in die USA zeigt, dass dort ein ähnliches Modell unter dem Namen 401k existiert. 401k bezeichnet ein vom Arbeitgeber mitfinanziertes Modell der privaten Altersvorsorge. Wer dort vorzeitig aussteigt, muss als Strafe sogar eine zusätzliche Steuer von zehn Prozent des Verkaufsbetrages zahlen. Damit soll ein Anreiz geschaffen werden, das Depot tatsächlich bis zur Rente weiterzuführen. Keine Kapitalgarantie, dafür hohe Erträge Das Novum am Altersvorsorgedepot ist, dass es keine Kapitalgarantie gebe."Im Gegensatz zu einer Lebensversicherung oder der Rürup-Rente, die zum Renteneintritt mindestens die eingezahlten Beträge garantieren, gibt es diese Verpflichtung beim Altersvorsorgedepot nicht", sagt Soltau. Dafür lägen die Kosten eines Altersvorsorgedepots unter denen von Versicherungsverträgen. Zudem habe ein solches Depot den großen Vorteil, dass es über einen langen Zeitraum eine deutlich höhere Rendite abwerfe als ein Riester- oder Rürup-Rentenvertrag. Freie Auswahl bei Investitionsentscheidungen Grundsätzlich soll jeder, der ein Altersvorsorgedepot führt, selbst frei entscheiden können, welche Wertpapiere er oder sie handelt. Noch gibt es Diskussionen darüber, ob es eine Art Positiv-Liste geben sollte, welche Wertpapiere im Altersvorsorgedepot zugelassen sind und welche nicht. "Hintergrund ist, dass es beispielsweise bei Derivaten Produkte mit hohen Hebeln gibt, welche nur für Menschen geeignet sind, die viel Erfahrung im Handel mit Wertpapieren haben", erklärt Soltau. "Da wir von langfristigem Vermögensaufbau sprechen – über mehrere Jahrzehnte –, braucht es allerdings keine Hebelprodukte mit Faktor 20 oder höher." Der Staat sollte nicht daran interessiert sein, eine Geldanlage zu fördern, die an der Börse mit riskanten Anlageprodukten verzockt werde. Anlagezertifikate wiederum könnten durchaus interessant sein. Folglich wäre es sinnvoll, sich mit dem Thema differenziert auseinanderzusetzen. Neben dem Selbstentscheider-Depot, welches Soltau zufolge das relevante Produkt sein wird, sollen auch Alternativprodukte – beispielsweise für Menschen, die zögern, ihre Anlageentscheidung selbst zu treffen – möglich sein: Die Förderlogik des Altersvorsorgedepots werde auch in der klassischen Vermögensberatung sowie bei sogenannten Robo-Advisors greifen. Einen zu starken regulatorischen Eingriff in die Wahlfreiheit investierbarer Assetklassen oder einzelner Wertpapiere soll es jedoch nicht geben. Vorsorgedepots für Kinder Diese Förderung der privaten Altersvorsorge durch ein Depot soll auch für Kinder gelten. Eltern können für ihre Kinder ein eigenes Vorsorgedepot einrichten, das ebenfalls steuerlich gefördert wird. Kinder haben den großen Vorteil, dass sie in der Zeit bis zum Renteneintritt einen größeren Betrag für ihre Rente ansparen können als Personen, die bereits kurz vor der Rente stehen oder nur noch wenige Jahre bis zum Renteneintritt haben. "Durch den Zinseszinseffekt – laut Einstein das 8. Weltwunder oder auch 'die stärkste Kraft im Universum' – haben auch geringe Beträge, zum Beispiel 20 bis 30 Euro im Monat, eine unfassbar große Wirkung. Investiere ich über 50 Jahre nur 25 EUR pro Monat, zahle ich 15.000 Euro ein, könnte aber auf ein Gesamtkapital von über 215.000 EUR kommen. Und hier habe ich nur 6,3 Prozent Rendite angenommen, also die Durchschnittsentwicklung des MSCI World." Einfache und unbürokratische Lösungen "Wie eine Zertifizierung aussehen könnte, ist noch nicht final geklärt", sagt Soltau. Das Bundesfinanzministerium versuche jedoch das Altersvorsorgedepot so einfach und unbürokratisch wie möglich zu halten. "Ein Broker, der ein Altersvorsorgedepot anbietet, sollte natürlich nachweislich die vorgegebenen Regularien einhalten, um ein normales Depot von einem Altersvorsorgedepot zu unterscheiden." Dazu gehöre beispielsweise, dass die Steuerbefreiung gelte, bestimmte Produkte vom Handel ausgeschlossen seien, bei vorzeitiger Auszahlung die Nachversteuerung greife und gegebenenfalls auch eine Meldung an das Finanzamt erfolgen müsse, damit beispielsweise Steuerermäßigungen bei Auszahlungen rückwirkend korrigiert werden könnten. Anreize für private Altersvorsorge Die Bundesregierung erhofft sich von diesem Modell der privaten Vorsorge, dass mehr Menschen die Kapitalmärkte nutzen, um langfristig Vermögen aufzubauen. Die Anreize sollen stark gesetzt sein, die Hürden nicht zu hoch – um zu vermeiden, dass viele davor zurückschrecken. In gleichem Maße, wie das Altersvorsorgedepot die private Altersvorsorge stärken soll, muss das Thema finanzielle Bildung auf der politischen Agenda stehen. Einen ersten Schritt wagt das Bundesfinanzministerium mit dem Webangebot mitgeldundverstand.de . Diese Plattform ist ein Eckpunkt der Initiative Finanzielle Bildung, mit der das Bundesministerium der Finanzen (BMF) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gemeinsam die finanzielle Bildung in Deutschland nachhaltig verbessern möchten. Denn ein Einstieg in verlustbringende Wertpapiere würde von den Gegnern der privaten Altersvorsorge über Aktien und ETFs zum Anlass genommen werden, diese infrage zu stellen. Damit das Altersvorsorgedepot zum Erfolg wird, müssen Menschen so gut ausgebildet sein, dass sie kluge Anlageentscheidungen treffen.