Abschiebedebatte: Alter Wein in alten Schläuchen
Von Gert Ewen Ungar
Es ist ein gut eingeübter deutscher Reflex. Nach Anschlägen wie dem von Solingen beginnen Debatten über die Reform des Asylrechts und beschleunigte Ausweisung schneller, als sich bis drei zählen lässt. Ebenso schnell verlaufen sie dann auch im Sand, ohne dass sich substanziell etwas ändern würde. Politik suggeriert beim Thema regelmäßig Handlungsbereitschaft und Handlungsfähigkeit, die sie faktisch gar nicht besitzt und allem Anschein nach auch nicht besitzen will. Heute wurde von der Bundesregierung ein Maßnahmenpaket verkündet, das ebenso wirkungslos sein wird wie alle zuvor geschnürten Maßnahmenpakete. Es handelt sich dabei um alten Wein in noch älteren Schläuchen.
Als im Jahr 2016 der aus Tunesien stammende Anis Amri mit einem Lkw in eine Menschenmenge auf dem Berliner Breitscheidplatz raste und damit 13 Menschen tötete, war der Aufschrei groß. Fünf Jahre später, im Jahr 2021, erstellte der Mediendienst Integration eine Übersicht über das, was sich nach dem Anschlag geändert hat.
Die Maßnahmen sind überschaubar, um es mal euphemistisch auszudrücken. Ein paar Arbeitsgruppen wurden gegründet, das Abfassen von Arbeitsprotokollen wurde optimiert, man hat sich besser vernetzt. Wer weiß, wie Behörden arbeiten, der weiß auch, all das ist inzwischen längst wieder eingeschlafen, weil irgendetwas anderes plötzlich auf der Agenda stand, das Personal aber knapp ist. Es gibt eine etwas vereinfachte Möglichkeit, Gefährder in Abschiebehaft zu bringen. Vorhanden ist sie eigentlich.
Inzwischen gab es weitere Anschläge, in deren Folge immer wieder eine beschleunigte Abschiebung und härtere Regeln gefordert wurden. Erst im Juni nach dem Anschlag in Mannheim debattierte der Bundestag wieder einmal über Abschieberegeln und deren Verschärfung. Zwei Monate später attackiert ein syrischer Asylbewerber Menschen auf dem Stadtfest in Solingen mit einem Messer und tötet drei Personen.
Hätte sich wirklich etwas getan, wäre das Problem längst gelöst, weil jedem Asylbewerber klar wäre, wenn er straffällig wird, muss er Deutschland und die EU verlassen. Ganz offensichtlich ist das nicht der Fall.
Auch die heute verkündeten Maßnahmen wie Messerverbote und die Durchsetzung der Dublin-Regeln werden keine Lösung bringen. Deutschland hat bereits ein strenges Waffengesetz, die Dublin-Regeln gibt es seit Jahren. Beides konnte Solingen nicht verhindern. Die Frage ist, warum?
Das Problem ist systemisch. Sozialarbeiter, Rechtsanwälte und Psychologen – eine ganze Hilfeindustrie profitiert finanziell davon, rechtliche Konsequenzen für ihre Klientel möglichst lange aufzuschieben. Kettenduldungen, endloses Aufschieben von Gefängnisstrafen, ein institutionalisiertes System der Konsequenzlosigkeit gepaart mit Sparorgien, durch die die öffentliche Verwaltung in Richtung Handlungsunfähigkeit gedrängt wird, sind ursächlich verantwortlich.
Es ist nicht notwendig, erneut eine Debatte über schnellere Abschiebung loszutreten und nach schärferen Gesetzen zu rufen. Was Politik sicherstellen muss, ist, dass bestehende Regeln zeitnah angewandt werden und angewandt werden können. Das ist nicht gegeben, weil das deutsche Hilfesystem darauf ausgerichtet ist, Konsequenzen für Fehlverhalten zu verhindern. Es setzt klare Fehlanreize.
Den Attentätern gemeinsam ist, dass sie aktenkundig sind. Sie sind im deutschen Hilfesystem gelandet und wurden dort nicht nur gehalten, sondern auch geschützt. Das darf nicht sein.
Geschuldet ist das einem ideologischen Spin in den an Migration angelagerten Berufen. All die Beschäftigten in den um das Thema Migration und Asyl angesiedelten Berufsgruppen eint eine Nähe zu einer liberalen Ideologie. Es ist dort gang und gäbe, das Eigene, das Deutsche, zutiefst zu verachten. Im umgekehrten Maß, wie man sich schützend und noch das letzte Rechtsmittel ausreizend vor seine migrantische Klientel stellt, ist man gegenüber Menschen empathielos, die sich kritisch zu Migration äußern, die in Zuwanderung nicht die Lösung, sondern ein Problem sehen, die Ängste haben. Man misst mit zweierlei Maß und ist stolz darauf.
In den sozialen Berufen sammelt sich die liberale Wählerklientel. Es ist eine Gruppe voller innerer Widersprüche und Selbsthass, die Zensur und Repression begrüßt und Strafen für das Äußern "falscher Meinungen" gutheißt. Eine Gruppe, die aber gleichzeitig versucht, jede strafrechtliche Konsequenz auch bei schwersten Vergehen von ihren Klienten fernzuhalten. Vor allem hier müsste sich etwas ändern.
Es braucht in Deutschland ein Hilfesystem, das hilft und unterstützt, das aber nicht strafrechtliche Konsequenzen endlos abwendet und Straftaten begünstigt. Man muss Gesetze nicht verschärfen, sondern sie durchsetzen – auf allen Ebenen. Es braucht eine Handhabe gegenüber Mitarbeitern im Hilfesystem, die Straftaten decken und verschleiern. Dass im Hilfesystem Straftaten gedeckt werden, ist aber in Deutschland nicht die Ausnahme, sondern die institutionalisierte Regel.
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