Niedrigfrequenz: Wie das Abspielen bestimmter Videos Ihr nasses Smartphone retten kann
Wenn das Smartphone ins Wasser fällt, ist der Schreck oft groß. Durch das Abspielen bestimmter Videos soll sich Schaden abwenden lassen. Ob das klappt, haben nun Profis ausprobiert.
Das Malheur ist schnell passiert: Das Smartphone bekommt zu viel Regen ab, landet beim Daddeln in der Wanne im Wasser oder plumpst beim Erinnerungsfoto an die Kanufahrt in den See. Selbst wenn das Gerät schnell gerettet wurde, stellt sich die Frage: Wie mit dem Wasser umgehen? Bei Youtube versprechen einige Videos eine unerwartete Lösung: Nur durch das Abspielen der Clips sollen diese das Wasser aus dem Gerät entfernen.
Ob das wirklich klappt, haben nun die Experten von iFixit gemeinsam mit dem Tech-Magazin "The Verge" getestet. Der Versuchsaufbau ist einfach: Eine Reihe von Smartphones wurde zunächst für eine Minute in einer speziellen Flüssigkeit gebadet, dann einmal angetippt, um die Flüssigkeit etwas herauszuklopfen. Im Anschluss wurde auf allen dasselbe Wasserentfernungs-Video abgespielt. Nachdem die Geräte eine Nacht liegen gelassen wurden, prüften die Experten mit einer UV-Lampe, ob die Test-Flüssigkeit noch nachweisbar war.
Interview iPhone 14 Recycling 11.43
Nasses Smartphone: Können die Videos helfen?
Das Ergebnis ist gleichzeitig überraschend, erwartbar und enttäuschend. Denn: Tief in das Gehäuse eingedrungene Flüssigkeit können die Videos natürlich nicht entfernen. In der Nähe der Lautsprecher gelang es aber tatsächlich, die dort eingedrungene Flüssigkeit wieder nach draußen zu befördern. "Ich würde schon sagen, dass es teilweise funktioniert", staunt iFixit-Experte Chayton Ritter. Trotzdem war eines der Geräte nach dem Test ein Totalschaden.
Dass es klappt, liegt an der Funktionsweise der Clips: Was sie optisch zeigen, spielt keine Rolle. Stattdessen dreht sich alles um den Sound. "Es ist der tiefste Ton, den der Lautsprecher produzieren kann, abgespielt auf der höchstmöglichen Lautstärke", erklärt Eric Freeman, der Entwicklungschef des Lautsprecherherstellers Bose, gegenüber "The Verge". "Dadurch entsteht eine Luftbewegung, die das im Gehäuse gefangene Wasser nach draußen schiebt."
Klang als Retter
Das Prinzip machen sich einige Geräte auch gezielt zunutze: Die Apple Watch erkennt etwa automatisch, wenn sie unter Wasser ist. Der Wassermodus sperrt aber nicht nur den Touchscreen, um Fehleingaben zu verhindern: Schaltet man den Modus ab, ertönt eine Reihe von sehr tiefen Tönen – die dann sichtbar das Wasser aus den Lautsprechern der Smartwatch pusten.
Dass Smartphone-Besitzer dafür Youtube-Videos nutzen müssen, statt die Funktion ab Werk mitgeliefert zu bekommen, dürfte einen einfachen Grund haben. "In der Watch gibt es weniger Hohlträume und Löcher, in denen sich das Wasser ansammeln kann", erklärt iFixits Chef-Ingenieur Shahram Mokhtari gegenüber "The Verge". "Bei einem Smartphone sind die Lautsprecher nur oben und unten verbaut. Dadurch können sie Hohlräume wie den Sim-Kartenslot nicht erreichen. Es ist schlicht nicht möglich, diese Hohlräume von Wasser zu befreien." Auch der kritische Ladeanschluss lässt sich mit dem Geräusch nicht trocknen.
So trocknen Sie Smartphones richtig
Das Abspielen der Clips kann also nur eine zusätzliche Maßnahme sein, um das letzte bisschen Wasser aus dem Gerät zu holen. Zuerst sollte man es ohnehin erstmal trocknen: Ist tatsächlich Wasser im Gerät, sollte man es sofort abschalten um Kurzschlüsse zu vermeiden – und nicht erstmal Videoclips abspielen. Zum Trocknen empfiehlt sich das Auslüften an einem gut belüfteten Ort, Kieselgel kann ebenfalls helfen. Vom Trocknen per Fön oder mit Reis rät etwa Apple explizit ab. Warum dadurch das Gerät beschädigt werden kann, erfahren Sie hier.
In der Praxis dürfte das aber seltener nötig sein, als man denken könnte. Die meisten modernen Smartphones sind nach Standards wie IP67 gegen Staub und Wasser geschützt – und können sogar kleinere Tauchgänge überleben. Darauf anlegen sollte man es aber gerade bei älteren Geräten eher nicht. "Man kriegt nur sehr selten wirklich sauberes Wasser ins Gerät", warnt Experte Ritter. Salz, Schmutz und Reinigungsmittel wie Shampoo können die empfindlichen Siegel versagen lassen. Und auch die Zeit lässt ihre Wirksamkeit sinken, ein zu Anfang dichtes Smartphone muss es nach drei Jahren nicht mehr sein. In der Badewanne sollte man das Smartphone also lieber einfach mal links liegen lassen.