BUNTE BÜHNE BASKETBALL (5)
Dass sich Sportlerinnen und Sportler hierzulande politisch äußern, war lange Zeit undenkbar. Statt klarer Botschaften wurden stets belanglose Floskeln aneinandergereiht. Substanzielles war selten dabei, Ausreißer gab es wenige. Zu groß war die Furcht, zur Zielscheibe von Kritik und Anfeindungen zu werden. Parallel sehnten sich die Fans aber nach „echten Typen“ und „richtigen Charakteren“, die Klartext reden und unangenehme Wahrheiten aussprechen. Typen eben wie Björn Harmsen, in der Saison 2011/12 in der Osthalle in der Verantwortung und inzwischen – zum bereits dritten Mal – Cheftrainer von Science City Jena.
Die politische Entwicklung in Thüringen erschwere einem Basketball-Clubs wie seinem aus der Optikstadt die Verpflichtung neuer Spieler. „Wo wir ein Problem haben, ist die Akquise deutscher Profis, die mit ihren Familien herkommen wollen und inzwischen Befürchtungen haben“, sagte der 42-Jährige unlängst der „Thüringer Allgemeinen.“ Mehr und mehr „spielt das Thema Rechtsruck und die politische Entwicklung eine größere Rolle.“ In Thüringen wird am kommenden Sonntag gewählt. Eine Forsa-Umfrage sieht die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD derzeit mit 30 Prozent der Stimmen als mit Abstand stärkste Partei. Dahinter rangieren die CDU mit 21 Prozent und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Eigene Erfahrungen des Trainers mit Rechtsextremismus liegt länger zurück, ist für ihn aber noch immer Warnung genug. „Es muss bestimmte Werte und Normen geben, an die sich jeder hält. Wenn hier immer mehr Grenzen überschritten werden und das im Alltag akzeptiert wird – das kann nicht sein. Deswegen spreche ich diese Dinge an“, sagte Harmsen. Es werde immer mehr Populismus zugelassen, immer mehr Akzeptanz entstehe dafür. „Es muss Grundregeln geben, und die dürfen sich nicht so sehr verschieben.“ Um dies zu erreichen, gehe es nur über den Zusammenhalt. „Wichtig ist es aber, dass wir unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken
und uns nicht spalten lassen von Rechtspopulisten, die versuchen, Menschen aufgrund von deren Unzufriedenheit für sich zu vereinnahmen“, betonte der Trainer.
Dass Björn Harmsens enorm aufgerüstete Mannschaft (unter anderem mit dem aus Lich stammenden Ex-Nationalspieler Robin Christen) im Konzert der Großen in der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA wieder ein gewichtiges Wörtchen mitreden will, versteht sich fast von selbst. Was die ersten Tests auch gezeigt haben. Nach einem kräftezehrenden Trainingslager am Olympiastützpunkt Kienbaum unterlagen die Thüringer dem BBL-Vertreter Rostock Seawolves knapp mit 67:69, ehe wenige Tage später ein deutlicher 109:63-Erfolg bei Liga-Rivale Dresden Titans zu Buche stand. Der aus Graz gekommene US-Pointguard Zach Cooks avancierte mit 17 Zählern zum Topscorer der Partie, Rasheed Moore gelang mit 14 Punkten und 13 Rebounds ein Pre-Season-Double-Double. Wegweisend für den Sieg im Testspiel-Derby war unter anderem Jenas klarer Vorteil am Brett und die Statistik der Rebounds (51:21).
Auch andere ProA-Topclubs befinden sich über drei Wochen vor dem Saisonstart schon in beachtlich guter Verfassung. Beispielsweise die VET-CONCEPT Gladiators Trier. Nach einer 73:94-Niederlage zum Auftakt des Testspielreigens bei BBL-Vertreter Telekom Baskets Bonn überraschte das Team des neuen Headcoachs Jacques Schneider gleich zwei belgische Spitzenmannschaften. In Herve Battice schlugen die Moselaner zunächst dank satter 20 Zähler des Ex-Frankfurters Nolan Adekunle die im Europapokal aktiven Männer von Spirou Charleroi mit 99:82, ehe in der ältesten Stadt Deutschlands Hubo Limburg mit 74:78 das Nachsehen hatte.
Gut in Schuss sind auch die beiden Bundesliga-Absteiger. Die HAKRO Merlins Crailsheim besiegten in ihrem ersten öffentlichen Vorbereitungsspiel ProA-Meister PS Karlsruhe LIONS vor 800 Zuschauern mit 93:82, die Tigers Tübingen zeigten zunächst den Nürnberg Falcons BC ihre Kraller (86:70), ehe auch sie dank der 19 Punkte von Neuerwerbung Danny Cooper Karlsruhe 85:78 distanzierten.
Ein nur in Testspielen mögliches Unentschieden zwangen die Eisbären Bremerhaven dem niederländischen Spitzenclub LWD Basket Leuwaarden, für den inzwischen Ex-Eisbär Matt Frierson aktiv ist, ab. Beim „Tag der Fans“ bedurfte es allerdings eines Buzzerbeater-Dreiers von Elijah Miller, um am Ende auf 89:89 zu stellen.
29.08.24
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