Japans Abhängigkeit von den USA: Warum die Entschuldigung für Hiroshima und Nagasaki ausbleibt
Washington soll sich beim japanischen Volk für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki entschuldigen. Dies fordert Muneo Suzuki, ein Abgeordneter im Oberhaus des japanischen Parlaments, wie RIA Nowosti berichtet.
Suzuki erwähnte, dass im vergangenen Jahr in Hiroshima der G7-Gipfel stattgefunden habe. Damals hätte US-Präsident Joe Biden sagen müssen, dass es ein Fehler der USA gewesen sei, Atomwaffen einzusetzen, die niemals hätten verwendet werden dürfen. Biden hätte sich von ganzem Herzen beim japanischen Volk entschuldigen müssen. Wenigstens ein Wort dazu hätte er sagen sollen. Washington, das die Atombombenabwürfe zu verantworten habe, habe sich bis heute nicht entschuldigt.
"Die USA müssen sich entschuldigen. Ich empfinde darüber große Wut. Da es bis heute keine solche Entschuldigung gegeben hat, denke ich, dass man sie auf dem Gipfel dazu hätte zwingen müssen, dies zu tun. Premierminister Kishida hat nichts dafür getan. Alles läuft so, wie Amerika es will."
Ferner sagte Suzuki, Premierminister Fumio Kishida sei verpflichtet, durch diplomatische Bemühungen eine Entschuldigung der USA zu erwirken. Laut Suzuki betone Kishida oft, er sei der "Premierminister aus Hiroshima", das unter Atomwaffen gelitten habe. Aber es seien die Vereinigten Staaten gewesen, die Hiroshima durch den Einsatz von Atomwaffen zu einem Ort des Leids gemacht hätten.
Im kommenden Jahr jährt sich der Bombenangriff zum 80. Mal. Suzuki ist der Ansicht, dass die USA eine Entschuldigung aussprechen und Bedauern zeigen sollten.
Am 9. August betonte Kishida in einer Rede bei der Gedenkzeremonie in Nagasaki die Wichtigkeit eines "richtigen Verständnisses" und der Weitergabe der Wahrheit über die Atombombenabwürfe auf die japanischen Städte. Wie üblich erwähnte er jedoch nicht die Verantwortung der USA für diese Tragödie.
Auch der Bürgermeister von Nagasaki Shiro Suzuki hält sich diesbezüglich zurück und erwähnt die USA in diesem Zusammenhang nicht. Allerdings rief er die Staatsoberhäupter der Länder, die über Atomwaffen verfügen, dazu auf, einen ernsthaften Schritt zur vollständigen Beseitigung dieser Waffen zu unternehmen. Er forderte auch jene Länder, die sich unter dem "nuklearen Schutzschirm" befinden, auf, diesem Ziel nachzugehen.
Masato Kamikubo, ein Experte für Politikwissenschaften und Professor an der Ritsumeikan-Universität in Kyoto, erklärte in einem Gespräch mit RIA Nowosti, warum Japan keine Entschuldigung von den USA verlangt. Japan könne die USA nicht offen für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki kritisieren. Ebenso wenig könne es auf Entschuldigungen bestehen. Das gelte, solange das Land weiterhin von Washington abhängig sei. Zudem stehe Japan unter dem US-amerikanischen "nuklearen Schutzschirm".
"Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, warum die japanische Regierung keine Entschuldigung von den USA für die Atombombeabwürfe fordert. Japan steht seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs unter der Vorherrschaft der USA und ist in Sicherheitsfragen von den USA abhängig."
Laut Kamikubo liege ein weiterer Grund darin, dass Japan seit dem Kalten Krieg gezwungen sei, die US-amerikanische Sicht auf die Geschichte zu unterstützen. Insbesondere gehe es dabei um die Auffassung, dass der Zweite Weltkrieg nicht so sehr durch die Invasion der sowjetischen Truppen auf Sachalin, sondern vielmehr durch die Atombombenabwürfe beendet worden sei.
Ferner erklärte er, dass die Situation innerhalb Japans ebenfalls recht ambivalent sei. Anstatt die USA für die Atombombenabwürfe zu kritisieren, herrsche in Japan der feste Glaube vor, dass das Land einen Fehler begangen habe, indem es in den Krieg eingetreten sei. In der Folge seien durch die Atombombenabwürfe viele Menschen ums Leben gekommen.
Aus diesem Grund kritisierten die Oppositionsparteien bis heute die Handlungen der japanischen Regierung während des Zweiten Weltkriegs. Merkwürdig sei, dass selbst die Oppositionsparteien, die grundsätzlich gegen die USA eingestellt seien, die Atombombenabwürfe weder thematisierten noch leugneten, wenn sie die regierende Liberaldemokratische Partei kritisierten, so Kamikubo.
Im Jahr 2016 war der damalige US-Präsident Barack Obama der erste US-amerikanische Staatschef, der Hiroshima besuchte. Im Vorfeld seines Besuchs führte die Nachrichtenagentur Kyodo eine Umfrage durch. Bei dieser Umfrage gaben 78,3 Prozent der Befragten an, dass sie keine Notwendigkeit für eine Entschuldigung der USA sehen.
Toru Hashimoto, der ehemalige Bürgermeister der japanischen Stadt Osaka, äußerte sich damals in den sozialen Medien dazu. Er meinte, dass der beste Effekt des Besuchs von Präsident Obama darin bestehe, dass Japan sich nun nicht mehr bei China und Südkorea entschuldigen müsse. Washington habe gezeigt, dass Entschuldigungen für vergangene Kriege nicht notwendig seien.
Auf die Frage, ob Tokios Zurückhaltung, auf eine Entschuldigung der USA zu bestehen, mit der Befürchtung zusammenhängen könnte, dass dies ähnliche Forderungen seitens asiatischer Länder nach sich ziehen würde, antwortete Masato Kamikubo, dass er dies nicht glaube:
"Ich glaube nicht, dass die japanische Regierung dies befürchtet. Kein asiatisches Land hält die Atombombenabwürfe der USA für gerechtfertigt. Insbesondere China würde die Position Japans mit Forderungen nach einer Entschuldigung stark unterstützen und die USA kritisieren."
Darüber hinaus ist Kamikubo der Ansicht, dass selbst wenn Japan eine Entschuldigung von den USA fordern würde, seine Nachbarn wohl kaum noch gewichtigere Entschuldigungen von Japan verlangen würden, als dies bereits geschehen sei.
Im August 1945 warfen US-amerikanische Bomber Atombomben auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki ab. Bei den Atombombenabwürfen und in der Folge starben in Hiroshima 140.000 der 350.000 Einwohner, in Nagasaki kamen 74.000 Menschen ums Leben. Die überwältigende Mehrheit der Opfer waren Zivilisten. Alljährlich finden am Jahrestag der tragischen Ereignisse, dem 6. und 9. August, in Hiroshima und Nagasaki Friedenszeremonien statt.
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