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Август
2024

Russische Maler und Gauner in der Kunst

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Anton Tschubakow lässt sich von russischen Landschaften inspirieren
(Foto: Aus dem Archiv von Anton Tschubakow)

Heute überwiegt der Trend zur Vereinfachung. Das betrifft sowohl die Umgangssprache als auch die Literatur. In letzter Zeit las ich verstärkt Briefe, die russische Maler Ilja Repin, Wassili Polenow, Isaak Lewitan sschrieben. Wenn man ihren Briefwechsel mit Freunden liest, dann versteht man, welch breiten Horizont sie hatten, wieviel sie wussten. Und in welch hoch künstlerischer Sprache sie den Briefwechsel führten! Dabei ist die Rede nicht von Schriftstellern, sondern von Malern!

Ich sage das nicht, damit wir jetzt alle zu auf Papier geschriebenen Briefen zurückkehren oder in den Massengers lange Abhandlungen, angefüllt mit Metaphern, schreiben sollten. Ich bin voller Bewunderung darüber, wie schwierig alles im 19. Jahrhundert war, im besten Sinne des Wortes. Mit meinen Bildern versuche ich, die Dinge der Vergangenheit und der Gegenwart zu zeigen, die mich im Prinzip erschaffen haben. Ich bemühe mich, sie weiterzugeben, was, wie mir scheint, die Geschmacksbildung fördert.

Schließlich ist die Frage des Geschmacks jetzt sehr akut, Geschmacklosigkeit ist überall und in allem. Geschmack beschränkt sich nicht nur auf die Frage, welchen Schal man tragen sollte. Geschmack gibt es auch im Umgang. Du schaust einen Menschen an und verstehst, dass er charismatisch ist. Davon gibt es immer weniger, nicht zuletzt wegen mangelnder Bildung.

„Schöne Bilder bringen schöne Gedanken zutage“

Was ist das Einzigartige an der Malerei? Wenn ein Werk geschmackvoll gestaltet ist, nimmt es einen gefangen, wenn nicht, ist es einfach leer. Um zu erreichen, dass ein Bild die Seele berührt und den Blick magisch anzieht, braucht es Geschmack, muss man ständig an sich arbeiten, lernen und sich weiter entwickeln. Ich bringe in die Kunst das ein, was ich früher durch meine Bildung und Erziehung bekommen habe. So wie Platon sagte: „Schöne Bilder bringen schöne Gedanken zutage.“

Warum wird in der Schule klassische Literatur gelehrt? Weil sich beim Menschen zuerst eine schöne Sprache herausbilden soll, die in den Werken Puschkins, Turgenjews, Tschechows und Tolstois geschaffen wurde. Zuerst eine Hochsprache, um einen Maßstab zu setzen, dann kann man weitergehen. Dasselbe ist es in der Malerei. Am Anfang muss man eine akademische Schule durchlaufen, danach kann es Abstraktes geben usw. Oder man bleibt im Rahmen der klassischen Tradition. Aber auf jeden Fall sollte alles, was gemacht wird, sehr schön und stilvoll sein.

Foto: Aus dem Archiv von Anton Tschubakow

„Ich kann Menschen, die kein eigenes Weltbild haben, nicht verstehen“

Ich male im Stile des russischen Impressionismus, und an meinen Werken kann man sehen, dass ich die geistige Atmosphäre eines adligen Landsitzes der zweiten Hälfte des 19. und zu Beginn des 20: Jahrhunderts liebe, die Zeit, die in den Werken Nikolaj Leskows und Anton Tschechows festgehalten wurde. Ich liebe es, Samoware zu malen, denn sie erfüllten früher die Rolle der sozialen Netze – alle versammelten sich um den Samowar und erörterten die neuesten Nachrichten. Und in einem Stillleben kann man zeigen, wie vielschichtig und interessant die Welt eines Menschen ist.

Mir ist es wichtig, dass meine Bilder es ermöglichen, seelisch zu genesen. Man kann schließlich nicht alles mit Medikamenten heilen. Es gibt Dinge, die die Seele heilen. Um in der gesichtslosen modernen Welt aus Plastik und einförmigen Betonbauten nicht unterzugehen, braucht es die klassische Literatur, Theateraufführungen der Werke Ostrowskis, Tschechows, Gogols, Bilder der russichen Maler, mit einem Wort die klassische Kunst. Das alles formt das Weltbild.

Als ich noch in die Schule ging, sagte einer meiner Lehrer: „Ich kann Menschen, die kein eigenes Weltbild haben, nicht verstehen.“ Damals war ich noch klein und konnte nicht ganz verstehen, was er damit meinte. Dann wurde ich erwachsen und verstand, dass es wichtig ist zu realisieren, wofür du eigentlich lebst, was du jeden Tag tust, warum und wie du es tust. Die Suche nach Antworten auf diese Fragen hilft teilweise auch der Kunst.

Foto: Aus dem Archiv von Anton Tschubakow

„Gauner“ des 19. Jahrhunderts

Es ist erstaunlich, aber wenn ich den Briefwechsel zwischen den russischen Malern Polenow und Repin aus den 1890er Jahren lese, wo Polenow sagt, dass in Italien viele „Hochstapler in der Kunst“ aufgetaucht sind und dass „die Gauner überhaupt überwiegen“, versetze ich mich sofort in unsere Tage. Seht mal, wie viele „Coaches und Trainer“ es jetzt gibt, die Erfolg in allen Bereichen versprechen, aber in Wahrheit sind es genau solche „Gauner“. 130 Jahre sind vergangen und nichts hat sich geändert.

Wie kann man sie erkennen? Je mehr Kunst, Literatur, Musik es im Leben eines Menschen gibt, umso besser seine Bildung ist, umso weniger fallen die Menschen auf Nichtigkeiten herein und werden betrogen.

Ich sehe die Rolle des Malers teilweise darin, dass die Zeitgenossen auf seine Bilder wie in einen Spiegel schauen. Wenn ein mit Geschmack und Stil gemaltes Bild Emotionen auslöst, wenn es in der Seele des Betrachters widerhallt und er es versteht, dann zeugt es von der richtigen Richtung. Das ist wie ein Lackmustest. Wenn aber der Mensch davon unberührt bleibt, so ist er aus einer anderen Welt. Dann ist es leider wie in dem bekannten Sprichwort: „Leute gibt es viele, aber keinen zum Teetrinken.“

Aufgeschrieben von Anna Braschnikowa

Запись Russische Maler und Gauner in der Kunst впервые появилась Moskauer Deutsche Zeitung.