Gesundheitsfürsorge: MV will trotz Geburtenrückgangs flächendeckende Geburtshilfe
Einschränkungen bei der medizinischen Betreuung von Kindern und der Geburtshilfe haben in MV für Proteste gesorgt. Nun liegen Leitsätze vor für eine sichere Versorgung. Ein Puzzle zum Krankenhausplan.
Der massive Geburtenrückgang in Mecklenburg-Vorpommern bleibt nicht ohne Folgen für die Geburtshilfe und ärztliche Betreuung für Kinder. Die Geburtskliniken im Land, Frauen- und Kinderärzte sowie Hebammen würden hervorragende Arbeit leisten. "Und doch ist klar, es muss sich etwas bewegen, damit auch 2030 und weit darüber hinaus eine hochwertige Versorgung in diesem Bereich gewährleistet ist", sagte Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) in Schwerin bei der Vorstellung erster Reformziele.
Patientenbedürfnisse wichtig
Es gelte in nahezu allen medizinischen Fachrichtungen und Einrichtungen, sich den demografischen Entwicklungen und geografischen Gegebenheiten anzupassen. Entscheidend sei, Versorgungsangebote aus der Perspektive der Patientinnen und Patienten heraus zu denken. Daher dürfe nicht länger an starren Sektorengrenzen festgehalten werden. "Wir müssen die Strukturen an den Bedürfnissen ausrichten", betonte die Ministerin. Sie erneuerte zugleich aber ihre Forderung an den Bund, bei den Finanzzuweisungen an Kliniken künftig die besonderen Bedingungen ländlicher Regionen mehr zu berücksichtigen.
Drese sprach sich für die Schaffung von weiteren medizinischen Zentren aus, in denen verschiedene Leistungen in Anspruch genommen werden können. Krankenhäuser sollten mehr ambulante Leistungen anbieten und Fachmediziner wie etwa Kinderärzte regelmäßig Sprechstunden in Hausarztpraxen abhalten. Der Telemedizin komme künftig eine größere Bedeutung zu, betonte Drese unter Verweis auf die von einer Gesundheitskommission jetzt vorgelegten Reform-Leitsätze. Zur künftigen Zahl von Geburtskliniken in MV oder zur Größe von Einzugsbereichen werden darin aber keine Angaben gemacht.
Experte hält zentrale Planung für unverzichtbar
Es gelte, eine flächendeckende und zugleich qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen, betonte der Gesundheitsökonom Professor Steffen Fleßa von der Universität Greifswald, der maßgeblich an der Erarbeitung der Leitsätze beteiligt war. Dabei müsse eine Balance zwischen Erreichbarkeit der Geburtsstationen und deren Leistungsfähigkeit gefunden werden. "Das wird nicht ohne zentrale Planung gehen. Der Markt wird es nicht richten", betonte Fleßa. Wegen rückläufiger Fallzahlen und der vergleichsweise schlechten Vergütung für pädiatrische Leistungen hatten Klinikbetreiber im Land ihre Kapazitäten in der Kindermedizin und auch Geburtshilfe teilweise abgebaut.
Fleßa beklagte, dass in Wissenschaft und Politik die besonderen Schwierigkeiten bei der Gewährleistung einer hochwertigen Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum häufig vergessen würden. "Die Entscheidungen werden oft aus einer städtischen Perspektive getroffen", konstatierte der Lehrstuhlinhaber. Die von der Gesundheitskommission für Mecklenburg-Vorpommern entwickelten Leitlinien seien vergleichbar mit einer Landkarte, die den Weg zu den Zielen in Pädiatrie und Geburtshilfe zeige. "Laufen, loslegen, das müssen wir jetzt gemeinsam", sagte Fleßa.
Geringe Geburtenrate in MV
Laut Statistikamt kamen 2023 in Mecklenburg-Vorpommern knapp 10.000 Babys zur Welt, 2013 waren es noch 12.500, 1990 sogar 23.500. Laut Drese verzeichnete MV mit 1,4 Kindern pro Frau im Jahr 2022 die drittniedrigste Geburtenrate aller Bundesländer. Hinzu komme, dass die Zahl der Frauen im gebärfähigen Alter rückläufig ist. Als eine Reaktion darauf wurde die bereits 2019 trotz heftiger Proteste geschlossene Geburtshilfe am Krankenhaus Crivitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim) kürzlich aus dem Landeskrankenhausplan des Landes gestrichen.
Die Klinikstruktur im Land bei der Geburtshilfe sei bereits ausgedünnt und angesichts der demografischen und medizinischen Entwicklungen könne es auf lange Sicht keine Bestandsgarantien geben. "Aber wir starten in der Krankenhausplanung mit den jetzigen 14 Standorten, die es dann auch gilt, mit Kooperationen qualitativ so aufzustellen, dass dort für die Patienten die beste Versorgung gewährleistet ist. Es ist nicht der Ansatz der Krankenhausplanung, als erstes etwas zu schließen", versicherte Drese.