Decathlon Rockrider Feel 900 S im Test: Angriff aufs Trail-Bike-Establishment
Decathlon Rockrider Feel 900 S im Test: Das Rockrider Feel 900 S von Decathlon setzt auf einen Carbon-Rahmen mit 130 mm Federweg und soll mit dem Discounter-Image des französischen Sportartikelherstellers aufräumen. Wir haben das 29″-Trail-Bike für euch getestet, um herauszufinden, ob dies gelungen ist. Hier gibt’s unseren Testeindruck.
Steckbrief: Decathlon Rockrider Feel 900 S
Einsatzbereich | Trail |
---|---|
Federweg | 140 mm/130 mm |
Laufradgröße | 29ʺ |
Rahmenmaterial | Carbon |
Gewicht (o. Pedale) | 14,0 kg |
Rahmengrößen | S, M, L, XL (im Test: L) |
Website | www.decathlon.de |
Preisspanne | 2.999 € bis 3.999 € |
Noch vor einigen Jahren wäre man für verrückt erklärt worden, wenn man prophezeit hätte, dass Decathlon in naher Zukunft mit einem Carbon-Trail-Bike den Markt aufmischen will. Heutzutage und spätestens nach dem Einstieg des Sportartikel-Riesen in das Tour de France-Team AG2R La Mondiale und der Gründung des eigenen XC World Cup Teams ist klar: Decathlon will weg vom Discounter-Image und rein in den Highend-Markt. Sinnbildlich dafür steht im abfahrtslastigen Mountainbike-Bereich das Rockrider Feel 900 S.
Das Carbon-Trail-Bike bringt rund 14 kg auf die Waage, setzt auf einen Carbon-Rahmen mit 130 mm Federweg sowie eine 140 mm-Federgabel und 29″-Laufräder. Preislich liegt das Gesamtpaket mit einigen Ausstattungs-Highlights wie dem RockShox Ultimate-Fahrwerk bei rund 4.000 €. Wir haben für euch getestet, ob das Rockrider Feel nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf dem Trail punkten kann.
Im Detail
Das Decathlon Rockrider Feel 900 S macht optisch einiges her und punktet dank markanter Designmerkmale wie dem rundem, tief nach unten gezogenem Oberrohr mit einem eigenständigen Look. Auch der mit silbernen Flakes versehene blaue Lack und die Chrom-farbenen Decals gefallen dem Auge des Betrachters. Der klassische Horst-Link-Hinterbau zeichnet sich durch eine recht lange Dämpferverlängerung aus und kitzelt 130 mm Federweg aus dem RockShox-Dämpfer. Dieser ist mittels Trunnion-Standard am Oberrohr fixiert.
Wie bei Carbon-Bikes üblich, ist das Unterrohr durch einen Kunststoff-Protektor vor Steinschlägen geschützt. Auch der Kettenstrebenschutz fällt umfangreich sowie sinnvoll aus. Dazu gibt’s innenverlegte Züge, die glücklicherweise direkt in den Rahmen eintreten und nicht den Umweg durch den Steuersatz nehmen. Schaumstoff-Hüllen sollen hierbei Klappern während der Abfahrt verhindern. Natürlich ist auch eine Flaschenhalter-Aufnahme mit von der Partie. Weitere Aufnahmen zur Befestigung von Toolstraps oder ähnlichem sucht man beim Rockrider allerdings vergeblich.
Beim Tretlagerstandard hat man sich für Pressfit entschieden. Eine ISCG-Aufnahme gibt es nicht. Dafür hat Decathlon das Rockrider allerdings mit einer eigenen Kettenführung ausgestattet. Diese ist allerdings aus relativ weichem Kunststoff gefertigt und könnte für unseren Geschmack etwas stabiler ausfallen. Etwas schade ist zudem, dass die Hinterbau-Schrauben nicht mit Drehmoment-Angaben versehen sind. Dies ist umso gewichtiger, da die entsprechenden Angaben auch über das Internet nicht einfach zugänglich sind.
Geometrie
Decathlon hat dem Rockrider Feel eine moderate, ausgewogene Geometrie verpasst. Der Lenkwinkel ist weder besonders steil noch allzu flach, die Kettenstreben fallen eher kurz aus und der Sitzwinkel ist mit 76° steil genug. Dazu gibt’s ein recht tiefes Tretlager sowie über alle Größen hinweg moderate Reach- und Stack-Werte. Eine Option zur Geometrie-Verstellung gibt es beim Rockrider nicht.
Rahmengröße | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Laufradgröße | 29″ | 29″ | 29″ | 29″ |
Reach | 425 mm | 450 mm | 475 mm | 500 mm |
Stack | 610 mm | 619 mm | 628 mm | 637 mm |
STR | 1,44 | 1,38 | 1,32 | 1,27 |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel, effektiv | 76° | 76° | 76° | 76° |
Oberrohr (horiz.) | 564 mm | 592 mm | 621 mm | 649 mm |
Steuerrohr | 105 mm | 110 mm | 120 mm | 130 mm |
Sitzrohr | 370 mm | 400 mm | 430 mm | 460 mm |
Kettenstreben | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
Radstand | 1.175 mm | 1.204 mm | 1.233 mm | 1.262 mm |
Tretlagerabsenkung | 35 mm | 35 mm | 35 mm | 35 mm |
Tretlagerhöhe | 343 mm | 343 mm | 343 mm | 343 mm |
Einbauhöhe Gabel | 551 mm | 551 mm | 551 mm | 551 mm |
Gabel-Offset | 42 mm | 42 mm | 42 mm | 42 mm |
Federweg (hinten) | 130 mm | 130 mm | 130 mm | 130 mm |
Federweg (vorn) | 140 mm | 140 mm | 140 mm | 140 mm |
Ausstattung
Für einen Preis von rund 4.000 € bekommt man bei Decathlon einiges geboten. Angefangen beim Fahrwerk, bestehend aus RockShox Pike Ultimate-Federgabel und Deluxe Ultimate-Dämpfer, über die Mavic Crossmax Carbon-Laufräder bis hin zum SRAM GX Eagle-Antrieb gibt es hier nichts zu meckern. Die etwas schwachbrüstigen SRAM G2-Bremsen wurden für zusätzliche Power mit 200 mm Scheiben versehen. Dazu gibt’s eine abfahrtslastige Bereifung von Vittoria. Bei Variostütze, Cockpit und Kontaktpunkten vertraut Decathlon auf hauseigene Anbauteile. In dieser Konfiguration beläuft sich das Gewicht in Rahmengröße L auf rund 14 kg.
Neben dem von uns getesteten Modell bietet Decathlon noch eine weitere, etwas preisgünstigere Variante zum Kauf an. Diese ist mit einem preiswerteren Fahrwerk, Aluminium-Laufrädern sowie einem SRAM NX-Antrieb ausgestattet und wandert für rund 3.000 € über die Ladentheke.
- Federgabel RockShox Pike (140 mm)
- Dämpfer RockShox Deluxe Ultimate (130 mm)
- Antrieb SRAM GX Eagle
- Bremsen SRAM G2
- Laufräder Mavic Crossmax XL R 29
- Reifen Vittoria Mazza und Martello Trail
- Cockpit Rockrider Sport (780 mm) / Rockrider Vorbau (55 mm)
- Sattelstütze Rockrider Dropper (170 mm)
Auf dem Trail
Selten waren wir so gespannt, wie sich ein Bike auf dem Trail schlagen würde, wie beim Rockrider Feel 900 S von Decathlon. Wir haben im Rahmen unseres Budget-Bikes Vergleichstest bereits Erfahrungen mit dem deutlich preiswerteren Aluminium-Modell Decathlon Rockrider AM 100 S gemacht. Allein optisch spielen die beiden Bikes in einer gänzlich anderen Liga und auch hinsichtlich der Fahreindrücke trennen die Trail-Bikes glücklicherweise Welten. Dies sollte im Hinblick auf Preis und Ausstattung allerdings auch niemanden überraschen. Hat Decathlon mit dem Rockrider Feel also den Sprung vom preiswerten Sportdiscounter in den High-End-Performance-Bereich geschafft? Finden wir es heraus.
Direkt beim ersten Proberollen haben wir uns auf Anhieb wohlgefühlt. Die moderate Geometrie sorgt für eine bequeme Sitzposition, die nicht ganz so aufrecht wie bei Enduro-Bikes, aber auch nicht übermäßig gestreckt ausfällt. Hier kann man seine Kraft geschmeidig in die Pedale bringen und muss auch bei längeren Touren keine Dehn-Sessions einschieben. Die hauseigene Dropper-Post kommt zwar mit wenig Bling-Faktor daher, erledigt den ihr zugedachten Job allerdings zuverlässig und tadellos. So kann man sich flott in Richtung Trails aufmachen. Dabei zeigt sich das Decathlon zügig und antrittsstark. Beim Blick zwischen die Beine fällt allerdings ein sichtbares Wippen des Hinterbaus auf. Auf unebenem Untergrund hat uns dies zwar nicht gestört, bei smootheren Uphills haben wir allerdings gern zum gut erreichbaren Lockout-Hebel gegriffen. Dieser macht aus dem Rockrider Feel im Hebelumdrehen ein Hardtail.
Summa summarum kristallisiert sich also, trotz der recht grobstolligen und eher abfahrtslastigen Reifen, eine gute, wenn auch nicht herausragende Uphill-Performance heraus. Für alle, die ihren Fokus mehr in Richtung Tour legen, kann man hier mit leicht rollenderen Reifen noch einiges herausholen. Für die Abfahrtsliebhaber unter uns sind die aufgezogenen Vittoria-Pneus aber eine gute Wahl. Nicht ganz so gut gewählt ist unserer Meinung nach hingegen die Ergonomie des hauseigenen Rockrider Sattels. Hier gibt es bequemere Optionen. Gleiches gilt leider auch für den zweiten Kontaktpunkt: die Griffe. Diese sind unserer Meinung nach etwas zu hart und ungedämpft. Allerdings kann man hier schnell, kostengünstig und effektiv nachrüsten.
Doch wie sieht es in der Abfahrt aus? Dabei wurden wir vom Decathlon Rockrider Feel 900 S wirklich überrascht. Das Carbon-Trail-Bike macht auf dem Trail eine richtig gute Figur, und zwar nicht mit dem Nebensatz „für ein Discounter-Bike“, sondern im Vergleich mit all den anderen Marken des hochpreisigen MTB-Sektors.
Die ausgewogene und nicht allzu extreme Geometrie sorgt für ein ausgeglichenes, wohlwollendes Fahrverhalten. Das Rockrider lässt sich super manövrieren und ist auf dem Flowtrail, genau wie in engem, technischem Geläuf super unterwegs. Auch der mit einer Länge von 55 mm recht lang anmutende Vorbau irritierte ausschließlich unsere Augen, beeinflusste das Fahrverhalten aber keineswegs negativ.
Der Hinterbau lässt sich nichts zuschulden kommen und erledigt einen super Job. Zwar fühlt sich dieser beim Aufsitzen vorerst recht straff an, auf dem Trail merkt man davon dann allerdings nicht besonders viel. Schläge jedweder Couleur werden gut aufgenommen und auch Wurzelteppiche oder Steinfeldern bringen das Rockrider nicht so schnell aus der Ruhe. Hierbei dürfte sicher auch der angenehme Flex des Hinterbaus seinen Teil beitragen. Dank der recht langen Dämpferverlängerung ist das Rockrider trotz Carbon-Rahmen und Laufrädern nämlich überhaupt nicht bocksteif, sondern vergleichsweise nachgiebig unterwegs.
Besonders gut hat uns der ausgeprägte Gegenhalt der Kinematik gefallen. Egal, ob mit Highspeed in Anliegerkurven oder bei Wellen und Kompressionen. Hier rauscht definitiv nichts durch. Man kann sich immer auf eine solide Plattform verlassen. Bemerkenswert ist auch, wie effizient und Airtime-freudig das Rockrider sich auf Sprüngen präsentiert. Dabei versackt keine unnötige Energie im Absprung. Dadurch feelt sich das Feel gerade in flowigen Passagen ausgesprochen spaßig an und tänzelt mühelos und verspielt über den Trail.
Wird es auf dem Trail richtig unruhig und tauchen immer mehr Hindernisse am Horizont auf, kommt der 130 mm-Hinterbau des Rockriders irgendwann natürlich an seine Grenzen und saugt sich nicht mehr allzu gut am Boden fest. In diesen Situationen macht sich auch bemerkbar, dass das Trail-Bike von Decathlon nicht ganz so satt auf dem Trail liegt, sondern eher agiler unterwegs ist. Mit Durchschlägen hatten wir allerdings zu keiner Zeit Probleme, da der Hinterbau des Feels recht progressiv ausfällt. Um hier eine gute Balance zu schaffen, ist es gerade für aggressivere Fahrer durchaus ratsam, die RockShox Pike-Federgabel mit einem Token zu bestücken.
Positiv zu erwähnen ist auch, dass wir von Klappern, Knarzen oder anderen unerfreulichen Geräuschen, die während einer Radfahrt auftreten können, gänzlich verschont geblieben sind. Hier hat man bei Decathlon seine Hausaufgaben gemacht.
Das ist uns aufgefallen
- SRAM G2-Bremsen Diese sind nicht gerade für ihren Biss bekannt und sorgen bei uns nicht wirklich für Freudensprünge. In Kombination mit den verbauten 200 mm Scheiben gehen sie für ein 130 mm-Trail-Bike allerdings in Ordnung.
- Kontaktpunkte Die Griffe und der Sattel der Eigenmarke haben unseren Geschmack nicht wirklich getroffen und sind relativ unkomfortabel. Hier lohnt sich ein Upgrade
- Der Preis ist heiß? Ein RockShox Ultimate-Fahrwerk, Carbon-Laufräder und ein Carbon-Rahmen. All dies für rund 4.000 € – das Preis-Leistungs-Verhältnis passt. Allerdings schläft die Konkurrenz nicht. Auch bei Canyon, YT, Radon, Cube und Co. bekommt man für 4.000 € richtig gut ausgestattete Bikes? Ein absoluter Preis-Leistungs-Banger ist das Decathlon Rockrider Feel 900 S also nicht.
- Nutzlast Decathlon gibt für das Rockrider Feel eine maximale Nutzlast von 100 kg an. Je nach Körperbau sind diese mit entsprechender Ausrüstung recht schnell erreicht. Außerdem steht auf der Produktseite des Sportdiscounters der kleine aber feine Satz: „für Downhill ungeeignet.“
- Weg vom Discounter-Image Decathlon strebt nicht erst seit gestern die Abkehr vom billigen Discounter-Image an. Produktseitig ist dies mit dem Rockrider Feel 900 S gut gelungen. Nachholbedarf gibt es hingegen bei der entsprechenden Produktseite der Decathlon-Website. Neben teilweise unzutreffenden Details, wie beispielsweise der RockShox Pike-Federgabel mit Charger 3-Luftkammer, sorgt vor allem der Hinweis „nicht bügeln“ für Belustigung.
- Geräuschkulisse Weder die Kette noch die Züge machten sich während des Tests mit nervigem Geklapper negativ bemerkbar.
Fazit – Decathlon Rockrider Feel 900 S
Deacthlon hat mit dem Rockrider Feel 900 S ein wirklich ernstzunehmendes ausgezeichnet funktionierendes Mountainbike im Programm. Das Rockrider Feel überzeugt nicht nur bergauf, sondern macht auch in der Abfahrt richtig viel Spaß. Zudem bieten auch die Rahmendetails keinen Raum für Kritik. Hier ist man leistungsmäßig weit entfernt vom Discounter-Image. Allerdings ist der Preis von rund 4.000 € nicht mehr im Einsteigerbereich zu verorten. Hier tummeln sich jede Menge namhafter Konkurrenten mit ähnlich attraktiven Angeboten.
Decathlon Rockrider Feel 900 S Pro / Contra
Pro
- jede Menge Fahrspaß
- ausgezeichnete Performance bergauf wie bergab
- tolle Ausstattung für einen fairen Preis …
Contra
- … allerdings kein herausragendes Schnäppchen
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Preisvergleich
Testablauf
Wir haben das Decathlon Rockrider Feel 900 S für euch auf unseren Hometrails im Taunus getestet. Dabei wurden sämtliche Höhenmeter aus eigener Kraft zurückgelegt und das Rockrider musste sich bei einer Vielzahl von Bodenbedingungen beweisen.
Hier haben wir das Decathlon Rockrider Feel 900 S getestet
- Taunus, Hessen Naturbelassene Trails mit zahlreichen Wurzeln und Steinen von flach bis steil. Außerdem gebaute Strecken, Flowtrails und Enduro-Strecken
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 88 cm |
Oberkörperlänge | 65,5 cm |
Armlänge | 62 cm |
Gewicht | 83 kg |
- Fahrstil
- verspielt, immer auf der Suche nach der nächsten Shralp-Kurve
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro
- Vorlieben beim Fahrwerk
- flotter rebound, wenig compression, hinten etwas softer als vorne
- Vorlieben bei der Geometrie
- Lenkwinkel flach, aber nicht zu flach, mittellange Kettenstreben, Reach lieber etwas kürzer als zu lang
Körpergröße | 184 cm |
Schrittlänge | 87 cm |
Oberkörperlänge | 67 cm |
Armlänge | 63 cm |
Gewicht | 74 kg |
- Fahrstil
- sauber, hohes Grundtempo
- Ich fahre hauptsächlich
- Enduro, Trail, Downhill
- Vorlieben beim Fahrwerk
- vorne straffer als hinten, schneller Rebound, nicht zu viel Dämpfung
- Vorlieben bei der Geometrie
- moderater Reach, keine zu kurzen Kettenstreben, flacher Lenkwinkel