Volkswagen: Kann man VW-Kunden mit Nachhaltigkeit überzeugen?
Der deutsche Autobauer VW ringt um seine Stellung am Markt. Nachhaltigkeitschef Voeste ist davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit dabei helfen kann. Doch sehen die Kunden das auch so? Der Druck aus China wächst: Während die Produktion in Deutschland teuer und bürokratisch ist, drängen junge chinesische Konkurrenten mit staatlicher Unterstützung auf den umkämpften E-Automarkt. Mit einer Vielzahl an neuen Modellen und vergleichsweise günstigen Preisen wollen sie auch die europäischen Kunden für sich gewinnen und sagen damit Traditionsfirmen wie Volkswagen den Kampf an. Mehr zu den Methoden des chinesischen Herstellers BYD lesen Sie hier . VW-Nachhaltigkeitschef Dirk Voeste ist dennoch davon überzeugt, dass sein Unternehmen sich genau jetzt nicht nur mehr Nachhaltigkeit leisten kann, sondern muss. "Klimawandel findet überall auf der Welt statt und wartet nicht. Das ist natürlich auch unseren Kunden, Partnern und Mitarbeitenden bewusst", sagt Voeste im Gespräch mit t-online. "Obwohl die wirtschaftliche Situation herausfordernd ist, investieren wir in Nachhaltigkeit. Auch für unsere Kunden ist das von Bedeutung, davon sind wir überzeugt." Voeste: Investitionen trotz wirtschaftlicher Herausforderungen Die große Schwierigkeit: Kunden müssen die nachhaltigeren Autos auch kaufen. Vor allem in Deutschland war die Nachfrage nach E-Autos zuletzt sogar eher rückläufig. Der Jahresstart für VW fiel auch nach eigenen Angaben "verhalten" aus. Europas größter Autobauer litt unter dem schwachen Neugeschäft. Der Umsatz schrumpfte um ein Prozent auf knapp 75,5 Milliarden Euro, der operative Gewinn sogar um ein Fünftel auf 4,59 Milliarden Euro. Unterm Strich verdiente der Konzern in den drei Monaten noch 3,7 Milliarden Euro, eine Milliarde weniger als ein Jahr zuvor. Insbesondere bei den E-Autos schwächelte die Nachfrage. Nach dem Wegfall der staatlichen Kaufprämie Ende 2023 war sie sogar förmlich eingebrochen. Inzwischen springe das Geschäft mit den für VW wichtigen Stromern wieder an, sagte Finanzvorstand Arno Antlitz bei der Vorstellung der Quartalszahlen. Gerade die kurzfristig beendete Förderung hat noch einmal Skepsis bei vielen möglichen Kunden ausgelöst. Hinzu kommt bei vielen die Sorge, dass die Ladeinfrastruktur weiterhin nicht flächendeckend ausgebaut ist. "Verbraucher und die Unternehmen brauchen Verlässlichkeit – gerade von der Politik", fordert Voeste daher. Die E-Autos braucht VW vor allem, um die Vorgaben der EU für den CO2-Ausstoß der Flotte zu erreichen. Hinzu kommen die ambitionierten Ziele der Bundesregierung , bis 2030 insgesamt 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen zu haben. Davon ist Deutschland mit derzeit knapp einer halben Million Fahrzeuge noch weit entfernt. Darüber, ob das Ziel überhaupt noch in so kurzer Zeit zu erreichen ist, herrscht in der Automobilbranche Uneinigkeit. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält es weiterhin für machbar. Voeste hingegen ist mit solchen Einschätzungen vorsichtiger: "Es ist sehr anspruchsvoll, diese Ziele zu erreichen. Aber ich halte es für wichtig, sich solche Ziele zu setzen, denn sie schaffen Ambitionen und Motivation." Mehr als E-Autos Was seine eigene Motivation betrifft, ist es Voeste wichtig zu betonen, dass Nachhaltigkeit für ihn mehr ist als E-Autos. "Wir haben für unsere Nachhaltigkeitsstrategie regenerate+ vier Dimensionen: Umwelt, Business, Gesellschaft und unsere Mitarbeitenden", führt Voeste aus. Konkret bedeutet das unter anderem, dass das Unternehmen sich vorgenommen hat, bis 2040 seine Materialien zu 40 Prozent aus Kreislaufwirtschaft zu beziehen. Bei den Mitarbeitern stehen unterdessen vor allem die Transformation der Werke im Fokus sowie der Erhalt der Jobs – vor allem auch in Deutschland. Dazu habe es im vergangenen Jahr konzernweit 14,3 Millionen Weiterbildungsstunden gegeben. Bis 2030 soll diese Zahl nochmals um 35 Prozent erhöht werden. Eine wichtige Maßnahme, denn derzeit sind allein 18.000 Mitarbeiter von der Umstellung der Werke von Verbrenner auf E-Autos betroffen. Weltweit beschäftigt VW mehr als 680.000 Mitarbeiter. Deutsche Wirtschaft schwächelt Doch bei aller Motivation und ambitionierten Zielen: Die Produktion bei Volkswagen ist eng mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung verflochten. "Es gibt die Tendenz in der verarbeitenden Industrie zu großer Vorsicht. Wenn Konzerne wie Thyssenkrupp , die mit grünem Stahl einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten, ihre Produktion reduzieren oder sogar einstellen, ist das eine bedauerliche Nachricht für den Standort Deutschland." Mehr zur Situation bei Thyssenkrupp lesen Sie hier . Und auch für VW sind solche Meldungen schlechte Nachrichten. Denn für die Umsetzung der eigenen Nachhaltigkeitsziele sind sie auf entsprechende Zulieferer ebenso angewiesen wie auf Kunden, die bereit sind, für Nachhaltigkeit zu zahlen. "Wir wollen Partner gewinnen, denn wir können es nur gemeinsam schaffen", sagt Voeste. "Das funktioniert nur, wenn auch andere Unternehmen mitmachen und am selben Strang ziehen und wenn es die richtige Unterstützung aus der Politik gibt. Zudem müssen den Kunden ihre Bedenken in Bezug auf die Elektromobilität genommen werden." Konzern bleibt hoffnungsvoll Trotz aller Schwierigkeiten schaut VW hoffnungsvoll in die Zukunft. Obwohl das Jahr einen schleppenden Start hatte, sei man zuversichtlich, die selbst gesteckten Ziele im Gesamtjahr zu erreichen und bei Absatz, Umsatz und Gewinn zuzulegen, heißt es in der Pressekonferenz zu den Quartalszahlen. Mit neuen Modellen sollen nun weitere Kunden vom E-Auto-Angebot überzeugt werden. Das Bestellbuch sei gut gefüllt. Allein in Europa liege der Auftragsbestand bei 1,1 Millionen Fahrzeugen, davon 160.000 E-Autos. Der positivere Blick auf die Zukunft zieht sich durch die gesamte Branche. Dem aktuellen ifo-Geschäftsklimaindex zufolge hat sich die Stimmung im April erneut verbessert. Der Indikator stieg auf minus 1,5 Punkte, nach minus 5,3 im März. Das geht aus den ifo-Konjunkturumfragen hervor. "Die Unternehmen der Autobranche beurteilen ihre aktuelle Geschäftslage etwas besser und vor allem sehen sie noch einmal deutlich weniger pessimistisch in die Zukunft als im März", sagt Anita Wölfl, Fachreferentin am ifo Zentrum für Industrieökonomik und neue Technologien.